„Am Ende haben wir es überall in Kiel hingekriegt“

Max-Planck-Schule Kiel 22. November 2017
Randi Beth (13) hält das Thema Flüchtlingswelle nach wie vor für aktuell. Um mehr über die Situation von Flüchtlingen in Kiel zu erfahren, hat sich die MiSch-Reporterin mit dem Sozialdezernenten Gerwin Stöcken getroffen.©

von Randi Beth (13)

Klasse 8d, Max-Planck-Schule Kiel

Mit der großen Flüchtlingswelle 2015 kamen auch circa 5000 Geflüchtete in die Landeshauptstadt.
In einem Gespräch mit Gerwin Stöcken, dem Kieler Sozialdezernenten, habe ich
Genaueres über die Zeit vor zwei Jahren und die jetzige Situation erfahren.

In Kiel angekommen – aber was kommt dann auf die Geflüchteten zu? Zunächst eine Unterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften wie zum Beispiel den leerstehenden Kasernen der
Bundeswehr in der Wik und in Holtenau oder auch Container-Unterkünften in
Schilksee oder Neumühlen-Dietrichsdorf. Um dies alles zu organisieren, mussten Gerwin
Stöcken und seine Mitarbeiter oft 16 bis 18 Stunden am Tag arbeiten.

Aber auch den Geflüchteten wird viel abverlangt. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
bekommen sie Geld, um selbstständig sein zu können. „Das haben sie in Kiel auch
von Anfang an lernen müssen", erklärt Herr Stöcken. „Wo kaufe ich gut und
günstig ein? Wie bereite ich mein Essen zu? Wie komme ich mit meinem Geld hin?"
Überhaupt muss man wissen, wie in Deutschland, und so auch in Kiel, alles
funktioniert. Dabei helfen einerseits die Integrationskurse und andererseits
die vielen Ehrenamtlichen, die auch schnell zu neu gewonnenen Freunden werden
und die Geflüchteten so bei der Eingewöhnung unterstützen.

Etwas problematischer ist es sicher bei „unbegleiteten minderjährigen Ausländern", also Kindern und
Jugendlichen. Sie brauchen zunächst einen Vormund als Mutter- oder Vaterersatz.
Viele von ihnen kommen in Kinder- und Jugendeinrichtungen unter, viele andere
aber auch in Pflegefamilien. „Das Allerschwierigste, was sie haben, ist, dass
sie eben ganz allein auf dieser Welt sind und ihre Eltern irgendwo geblieben
sind, entweder in der Region, von der aus sie geflüchtet sind, oder in einem
anderen Flüchtlingslager. Und das macht den Kindern viel Sorgen, weil sie
natürlich nicht wissen: Was passiert da, was ist mit ihnen? Und man muss sie
dabei unterstützen, damit irgendwie klarzukommen. Das ist eine ganz, ganz
schwierige Lebenssituation", meint Herr Stöcken und fügt nachdenklich hinzu:
„Als Kind hätte ich das auch nicht erleben wollen."

Wie jedes Kind in Deutschland müssen auch die geflüchteten Kinder zur Schule gehen, da gibt es
keine Ausnahme. Dort besuchen sie als erstes Deutschkurse und gehen danach ganz
normal mit den anderen Kindern in den regulären Unterricht, denn, so Herr
Stöcken: „Die Kinder haben am wenigsten Schwierigkeiten, die deutsche Sprache
zu lernen." Für sie wie auch für die erwachsenen Geflüchteten ist es wichtig,
wieder Normalität zu erleben.

Mehr Normalität könnte man auch durch den Familiennachzug erreichen und dadurch die Integration
erleichtern. Nach Schätzungen von Herrn Stöcken würden dadurch etwa 700 bis
1000 Menschen in die Landeshauptstadt nachkommen.

Heute hat sich die Situation gegenüber 2015 deutlich entspannt. Viele Geflüchtete haben inzwischen
eine eigene Wohnung, manche auch einen Job gefunden. Nun kommen nur noch etwa
70 von ihnen pro Monat nach Kiel. Herr Stöcken lobt die Kielerinnen und Kieler
für ihr bisheriges Engagement und hofft, dass sie weiterhin so hilfsbereit sind,
die Geflüchteten unterhaken und sagen: „Komm, ich zeig dir unsere Stadt!" Und
er gibt uns allen mit auf den Weg: „So wie sich die Geflüchteten an Deutschland
und die Deutschen gewöhnen müssen, müssen wir uns Mühe geben, ihre Herkunft und
ihre bisherige Kultur zu verstehen."

 
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