Interview mit einem MEK-Beamten

Gymnasium Schloss Plön 13. November 2017 1 Kommentar(e)

Interview mit Kai-Uwe Drews

(Hauptkommissar und Ausbilder bei der Landespolizeischule Eutin)
Wie bist du auf die Idee gekommen zur Polizei zu gehen?

Polizist bin ich geworden, weil ich immer schon für Gerechtigkeit eingetreten bin. Ich wollte
eigentlich ein Polizeihundeführer werden. Das war so mein erster Gedanke.

Wie hättest du dir das bei der Hundestaffel vorgestellt?

Ich wollte eigentlich irgendetwas mit Hunden machen, das war mir wichtig. Eine richtige
Vorstellung davon, was die machen, hatte ich zunächst eigentlich gar nicht. Es gibt Polizeihunde,
die nach Rauschgift, nach Leichen, Waffen oder nach Personen suchen. Das war
mir klar. Ich wollte, getrieben von der Idee, Polizeiarbeit mit einem Hund
machen.

Wie war das Gefühl bei deinem ersten Einsatz?

Es war natürlich spannend. Bei meinem allerersten Einsatz war ich 16 Jahre alt. Wir
haben eine Walddurchsuchung gemacht und nach einer Leiche gesucht. Da geht man in
einer Polizeikette mit ganz vielen anderen Kollegen und durchsucht ein
Waldstück. Als wir dann die Leiche gefunden hatten, mussten wir alle an dieser
Leiche vorbei gehen. Das würde man heute wahrscheinlich nicht mehr machen, aber
damals 1978, als ich angefangen habe bei der Polizei, war das noch so.

Was war dein anstrengendster körperlicher Einsatz?

Die anstrengendsten Einsätze hatte ich immer bei dem Mobilen Einsatz Kommando
(MEK), wo ich fast zehn Jahre gearbeitet habe. Es war bei einer Zugriffs- und
Observationseinheit des MEK in Kiel. Anstrengend sind die Einsätze deswegen,
weil wir zum Teil sehr lange im Einsatz gewesen sind. Sehr lang heißt dabei, dass
wir dabei lange Auto fahren und observieren; teilweise sogar über 24 Stunden
und mehr. Das ist auf Dauer sehr anstrengend, denn wir müssen auch nach 24
Stunden genauso handlungsfähig sein, wie zu Anfang der Aktion.

Was ist denn der Unterschied zwischen MEK und SEK?

Das SEK ist eine Einheit, die unglaublich gut ausgebildet und unglaublich gut
ausgerüstet ist. Sie haben unteranderem Helme, schwere Westen und z.B. auch
Schnellboote. Die sind speziell für die terroristischen Lagen zuständig.
Sozusagen für die geplanten Zugriffe auf bewaffnete Personen.
Das MEK ist in erster Line eine Observationseinheit, das heißt, wir sind immer
in zivil unterwegs. Helme und schwere Westen haben wir nur für den Notfall im
Auto, aber benutzen sie in aller Regel nie. Unser Kerngeschäft ist der Zugriff
aus der Observation heraus.

Wie ist das Gefühl, wenn dir ein bewaffneter Mann gegenübersteht und auf dich
zielt?

Ich habe das schon erlebt und der erste Gedanke ist „Scheiße", jetzt zielt er auf mich und man bekommt Angst und spürt das auch.
Es gib immer drei Möglichkeiten: Starre, Angriff oder Flucht. Was auch immer man
in dem Moment wählt: Starre ist das Ungünstigste. Angriff ist möglicher weise
auch nicht so das Richtige und an Flucht ist sowieso nicht zu denken. Was in
dieser Situationen wichtig ist, ist handlungsfähig zu bleiben, also einen klaren
Kopf zu behalten. Da helfen einem nur zwei Dinge: Erfahrung und viel Training.

Trainierst du immer noch für Einsätze?

Ja, wir trainieren alle Vierteljahr, mindestens zwei Tage lang. Ich hatte jetzt
gerade eine intensive einwöchige Fortbildung, da ging es um Terrorlagen. Wir
haben geübt, wie wir im Falle von Terroranschlägen uns verhalten. Dazu gehört das Thema
Notfallmedizin. Dazu gehören tatsächlich Helme, schwere Westen, der Umgang
damit, und das lange Tragen solcher Dinger. Es muss immer wieder alles geübt
und trainiert werden und der Trainingsbedarf wird immer höher.

Empfindest du Training und Einsatz mittlerweile als Routine?

Routine allgemein, also Erfahrung, hilft. Ich geh in jeden Einsatz oder versuche in
jeden Einsatz mit der gleichen Grundspannung zu gehen, denn du weiß vorher nie,
was wirklich passiert. Ein guter Polizist kann immer ganz entspannt in einen
Einsatz gehen, aber er muss immer bereit sein. Es kann plötzlich auch alles
ganz anders kommen. Das heißt, es kann auch gleich ganz doof oder gefährlich
werden. Das musst du wissen, um diesen Spagat hinzukriegen. Das braucht viel
Übung und erst das ist professionelle Polizeiarbeit. Das ist die große Kunst
eines Polizeibeamten.

Ist dieser Beruf vereinbar mit einer Familie?

Ja, meine Frau und meine Kinder wissen ganz genau, dass Papa gut ausgebildet und gut
geschützt ist. Sie wissen, dass Papa im Einsatz von sich aus nur kalkulierte Risiken
eingeht.

Gibt es Altersbegrenzungen in diesem Job?

Normalerweise werden die Kolleginnen und Kollegen mit 65 Jahren pensioniert. Bei der
Spezialeinheit war die Altersgrenze damals bei 45 Jahren und wurde später auf
50 Jahre heraufgesetzt.

Gibt es allgemeine Einschränkungen für Frauen bei der Polizei?

Nein, Frauen haben mittlerweile Zugang zu allen Funktionen und zu allen Stellen
innerhalb der Landespolizei und das ist auch gut so.

Gab es irgendwelche Einsätze, bei denen Du Verletzte oder sogar Todesfälle erlebt
hast?

Das gab es immer wieder, wenn man, so wie ich in Plön, in der Sachbearbeitung tätig
ist. (Ich war lange Rauschgiftsachbearbeiter).
In dieser Zeit gehen wir auch Bereitschaftsdienste.
In den Bereitschaftsdiensten vergeht eigentlich kaum ein Dienst ohne eine
„Leichensache", also ohne jemanden der möglicherweise freiwillig aus dem Leben
geschieden ist oder durch einen Unglücksfall. Dann wird immer die
Kriminalpolizei hinzugezogen. Es sei denn, es ist ein Verkehrsunfall. Das sind
zum Teil belastende Einsätze, weil immer ein menschliches Schicksal
dahintersteht. „Warum hat der- oder diejenige sich umgebracht?"
Das habe ich immer als sehr belastend empfunden. Ich habe einmal eine
Leichensache mit einem Betreuer einer Jugendgruppe gehabt. Da hat der 13-jährige
Sohn zugesehen, wie die DLRG seinen Vater aus dem Wasser gezogen und vergeblich
versucht hat ihn zu reanimieren. Sich mit dem Jungen zu beschäftigen, der
seinen Vater hat sterben sehen, war wirklich herausfordernd.

Und jetzt zu deinem aktuellen Job: Du bildest Neuankömmlinge aus. Es geht das
Gerücht um, dass die junge Generation von neuen Polizisten und Anwärter einen
schlechteren Sprachgebrauch und einen deutlich eingeschränkteren Wortschatz
haben. Kannst Du das bestätigen?

Wir bilden in Eutin sowohl für den mittleren und gehobenen Dienst aus. Ich habe da
unter anderem verschieden Aufgaben wie z.B. Kommunikationstrainings. Was ich
feststellen kann ist, dass es deutliche Unterschiede zwischen sehr guten
Auszubildenden mit Hochschulreife oder z.B. ehemaligen Soldaten, die schon mal
in Afghanistan eingesetzt wurden und Absolventen mit mittlerem
Bildungsabschluss gibt. Die Herausforderung für uns Ausbilder ist, diese Gruppen,
die in der Ausbildung ja alle gemeinsam lernen, also den 32-jährigen Soldaten
und dem 16-jährigen Realschüler, so zusammenzubringen, dass es keinen Stress
gibt. Insgesamt muss ich sagen, dass die Qualität der Auszubildenden in Schleswig-Holstein überwiegend
sehr hoch ist.

Wenn du die Zeit zurückdrehen könntest, würdest Du denn wieder diesen Job machen?

Ja, auf jeden Fall. Polizist zu sein, ist ein absoluter Traumberuf. Das tolle bei
der Polizei ist, dass du die Funktion oder die Aufgabe innerhalb der Polizei
wechseln kannst. Ich bin ja auch nicht mehr bei der Spezialeinheit oder der
Rauschgiftermittlung. Ich bin mittlerweile Dozent für Führungs-kräfte-Training
und interkulturelle Kompetenz. Das ist eine völlig andere Arbeit. Ich musste
trotzdem nicht den Beruf wechseln. Das kann ich alles innerhalb der Polizei
tun. Das ist eine großartige Chance.

Würdest Du, wenn Du die Zeit zurückdrehen könntest, doch zur Hundestaffel gehen?

Nein, das würde ich persönlich nicht mehr machen. Das hat sich für mich
entmythisiert. Das würde ich auf keinen Fall mehr tun.

 

 
1 Kommentar(e)
  1. Prof.dr.thomas bauerrr
    15. Dezember 2023

    Was für ein sympathischer Polizist! Berufsmotivation Gerechtigkeitssinn und dann diese gelassene u positive Betrachtung seiner verschiedenen Tätigkeiten innerhalb der Polizei, die ja nie einfach sind. Wie gut, dass so einer Ausbilder ist! Von dieser Art Exekutive fühle ich mich als Bürger meiner Republik bestens betreut und beschützt.

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