Vom Klassenrüpel zum Politiker

Gymnasium Altenholz 4. November 2017
Katharina Schrader (links) und Emma Büttner haben Dr. Wolfgang Kubicki vor der Bundestagswahl in Strande interviewt.© links: Katharina Schrader, mitte: Dr. Wolfgang Kubicki, rechts: Emma Büttner© ©

von Emma Büttner (15) und Katharina Schrader (14)
Klasse 9c, Gymnasium Altenholz

Politik ist ein kompliziertes Thema. Es ist das Thema, an dem viele Erwachsene etwas auszusetzen haben und bei dem viele Jugendliche automatisch abschalten. Dabei ist Politik sehr wichtig, damit wir alle gemeinsam und möglichst ohne Probleme leben können. Besonders in der Zeit kurz vor Wahlen begegnen wir Politikern auf Wahlplakaten oder im Fernsehen. Sie möchten uns von sich und ihren Parteien überzeugen, damit wir sie wählen. Einen Tag vor der Bundestagswahl, am 23. September 2017, begeben wir uns zu dem FDP-Zelt in Strande. Das Wetter ist sonnig und warm, und wie erwartet tummeln sich viele Leute vor dem weißen Zelt. Auch ein Fernsehteam hat sich davor aufgestellt. Es läuft Musik, überall hängen Luftballons, Flyer werden verteilt und Schokoladeneis genascht.

Obwohl jede Partei grob gesehen nur eines im Kopf hat, nämlich Deutschland und Europa zu einem besseren und friedlicheren Ort zu machen, gibt es jede Menge Verärgerung über Politiker und deren Entscheidungen. Außerdem behaupten viele Leute, Politiker sind alle Lügner, die halten ja eh nicht, was sie versprechen! Auch das Ergebnis einer Umfrage im 9. Jahrgang des Gymnasiums Altenholz zeigt uns: nur 20 Prozent der Befragten haben ein positives Bild von Politikern, 80 Prozent dagegen ein negatives.

Vor dem FDP-Zelt in Strande treffen wir Wolfgang Kubicki, der ein weißes Polohemd trägt und ebenfalls ein Schokoladeneis schleckt. Als wir ihn begrüßen und fragen, ob er Zeit für ein kurzes Interview hat, bittet er uns entspannt an einen Stehtisch im Zelt. Wir haben zehn persönliche Fragen vorbereitet, um den stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP und Fraktionsvorsitzenden der FDP im Landtag von Schleswig-Holstein einmal von einer anderen Seite kennenzulernen.

Welche Musik hören Sie gerne?

Wolfgang Kubicki: Unterschiedlich, je nach Stimmungslage, morgens höre ich Popmusik, damit ich wach werde, am liebsten bei RSH. Abends gelegentlich klassische Musik, am liebsten Violinkonzerte. Tschaikowsky und Beethoven sind sehr schön.

Nutzen Sie soziale Netzwerke? Wenn ja, welche?

Nur Facebook, Twitter reicht mir nicht aus.

Welchen Sport betreiben Sie?

Ich habe lange Fußball gespielt, laufe noch Ski und spiele Golf. Bei so schönem Wetter wie heute würde ich normalerweise segeln gehen, aber leider hatte ich dieses Jahr zu wenig Zeit.

Haben Sie einen Lieblingsfilm?

Einen ganz traurigen, „Marley & Ich“. Es geht um einen Labrador, der die Familie zusammenhält und zum Ende stirbt – alle sind ganz traurig.

Was ist Ihr Lieblingsessen?

Kohlroulade, ich war gerade erst in Brunsbüttel und habe eine wunderbare Kohlroulade gegessen.

Welcher Typ Schüler waren Sie in der Schule?

Ich war der Rüpel. In den Klassenbüchern und auch in den Zeugnissen stand immer: Wolfgang schwatzt und stört häufig den Unterricht. Damit habe ich meine Kinder sehr beeindruckt. Ich bin immer mal aufgestanden und irgendwo hingegangen. Wenn es mir zu langweilig war, habe ich auch mal dazwischen geredet. Also, ich war der Klassenrüpel.

Was war Ihr Lieblingsfach?

Mein Lieblingsfach war, das glaubt jetzt keiner mehr, Physik. Das hat sich allerdings komplett verflüchtigt. Geschichte und Deutsch haben mir gefallen, das ist auch der Grund, warum ich Anwalt geworden bin, ich liebe Sprache. Man kann damit sehr viel ausdrücken, Sprache verbunden mit Mimik und Gestik ist ganz entscheidend.

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Weil ich ja Klassenrüpel war, mit Sprache umgegangen bin und mich für Geschichte interessiere, wurde ich Leiter des Arbeitskreises Politik bei uns auf dem Gymnasium in Braunschweig. Daraus hat sich dann meine Liebe zur Politik entwickelt. Als ich von Braunschweig nach Kiel kam, bin ich in die FDP eingetreten. Es hätte damals auch die SPD sein können, das war reiner Zufall. 1969: Willy Brandt, Walter Scheel, neue Ostpolitik, die Demokratie war im Aufbruch. Veränderung. Man kann es sich heute gar nicht vorstellen, wie es damals war. Tolle Zeit, sehr spannende Zeit.

Sind Sie vor Fernsehauftritten aufgeregt?

Nein, nicht mehr. Und früher? Ja, ganz am Anfang ist man es immer. Vor meiner ersten Parlamentsrede konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen. Vor meinem ersten Plädoyer als Anwalt konnte ich auch nicht schlafen, und bei meinen ersten Fernsehauftritten haben die, die mich kannten, gemerkt, wie ich unter Spannung stand. Es ist Gewöhnung, wie in jedem Beruf.

Was ist Ihr Lebensmotto?

Leben und Leben lassen, vor allem das eigene Leben genießen, kein Tag kommt wieder. Das Beste, was einem Menschen passieren kann, ist, wenn er abends einschläft und sagen kann, es war kein verlorener Tag. Das merkt man aber erst, das werdet Ihr noch merken, wenn man älter ist. In Eurem Alter spielt Zeit keine Rolle. Ich muss Euch mal kurz sagen, ich laufe Ski mit Leuten in meinem Alter oder darüber hinaus, die mittlerweile körperliche Gebrechen haben. Und wenn wir sagen, wir verschieben einen Urlaub, dann verschieben wir keinen Urlaub, dann fällt er aus, denn den gibt es nicht wieder.

Wir verabschieden uns und bedanken uns für das Interview. „Nicht dafür!“, entgegnet Wolfgang Kubicki mit einem Lächeln.

 
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