von Mathilda Hahn
Medienpraxis, Gymnasium Lütjenburg
Wie finden wir die richtige Schule? Maximilian und Franziska, Eltern von drei Kindern, stellten sich genau diese Frage, als
sie 2012 nach Hongkong zogen.
Frau von Kleist, Sie leben mit drei Kindern in Hongkong. Wie hat es Sie an diesen Ort verschlagen?
Wir waren berufsbedingt durch meinen Mann vorher einige Jahre in Shanghai und haben dort
auch unsere ersten zwei Kinder bekommen. 2012 sind wir dann nach Hongkong
umgesiedelt.
Wie alt waren Ihre zwei Kinder damals?
Oskar war 5 Jahre alt und Elena 3 Jahre alt.
Dann mussten Sie sich ja gleich um eine Schule für Oskar kümmern. Wie war das damals für Sie?
Das war nicht sehr einfach für uns, denn in Hongkong ist es nicht immer leicht, einen Schulplatz
an seiner Wunschschule zu bekommen. Kinder müssen sich in den Interviews gut
präsentieren. In solchen Interviews werden sie auf spielerische Art auf Englischkenntnisse
und Aufnahmekapazität getestet.
Was für Schulen gibt es dort?
Es gibt die Möglichkeit, auf lokale oder auf internationale Schulen zu gehen. Wir haben uns
damals für die Internationale Schule entschieden. Diese Wahl treffen die
meisten Ausländer, da diese englischsprachige Schulen sind. Jedoch sind diese Schulen
sehr teuer, weshalb viele Unternehmen die Kosten für die Kinder ihrer
Angestellten übernehmen.
Für deutschsprachige Kinder gibt es die „German Swiss School", in denen es neben
dem internationalen Zweig auch noch den deutschen Zweig gibt. Obwohl wir deutschsprachig sind, entschieden
wir uns gegen diese Schule, um den Kindern die Möglichkeit zu geben,
zweisprachig aufzuwachsen.
Für welche Schule haben Sie sich am Ende entschieden?
Wir entschieden uns für die Waldorfschule in Sai Kung,
da uns das Konzept des Lernens am besten
gefiel. Die Schule ist sehr klein und persönlich, im Gegensatz dazu sind die meisten Schulen in
Hongkong sehr groß. In der Schule wird der Lernstoff den Kindern auf kreative
Weise vermittelt, ohne Druck, und das Wesen eines Kindes wird respektiert.
Dies ist an vielen Schulen in Hongkong eine Seltenheit. Viele Kinder in Hongkong sitzen bis
23 Uhr an ihren Hausaufgaben und bekommen oft nur wenig Schlaf. Dies sehen wie
an den Kindern unserer Nachbarn. Sowohl die Lehrer als auch die Schüler stehen
unter sehr hohem Druck. Dies hat zu Folge, dass die Rate von depressiven
Kindern und Jugendlichen hoch ist.
Die Lehrerschaft der Waldorfschule ist international, so dass die Schüler die Möglichkeit
bekommen, verschiedenste englische Dialekte zu hören und aufzunehmen.
Die Schüler selbst kommen zu 70% aus Hongkong Festland-China und 30% kommen aus
verschiedensten Ländern der Welt.
Wie viele deutsche Kinder sind an ihrer Schule?
Oskar und Elena sind die einzigen deutschen Kinder.
Sie werden alle auf Englisch unterrichtet und lernen nebenbei Chinesisch
(Mandarin). Eine Regel der Schule ist, dass alle Schüler untereinander Englisch
reden müssen. Dies soll dafür sorgen, dass sich kein Kind ausgeschlossen fühlt.
Da Oskar und Elena auch viele chinesische Freunde haben, lernen sie die chinesische Kultur
besser kennen und mit Menschen anderer Kulturen umzugehen.
Bei meinem Besuch in der Schule kamen die Kinder gerade vom Kanufahren zurück. Gibt es solche Schulausflüge häufiger?
Ja, die Ausflüge führen zu Stränden, in die Berge oder auf kleine Inseln rund um Hongkong.
Dort sitzen die Kinder am Lagerfeuer und gehen Paddeln oder Schwimmen. Sie
lernen so die Natur besser kennen. Da es in Hongkong sehr viele Schlangen gibt,
hatten Oskar und Elena einmal Besuch von einer giftigen Korallenotter.
Nachdem ich einen Blick in das Schulgebäude geworfen hatte, fielen mir die fröhlich hellen Räume auf.
Ja man erkennt sofort, wie viel Mühe sich die Schüler und Lehrer geben, um ein
fröhliches Miteinander zu schaffen. Die Tafeln sind immer mit mehreren Farben
beschrieben und verziert. Auch die Wände sind bunt gestrichen und haben einen
klaren Farbverlauf. Dies schafft die ideale Atmosphäre zum Lernen. Überall in
der Schule kleben zurzeit Preisschilder, da Elenas 2. Klasse momentan alles
rund ums Geld lernt und sich im Unterricht selber Scheine gebastelt haben, um
damit zu handeln. Auf den Tischen der jüngeren Klassen sind die Malstifte dem Regenbogen
nach sortiert.
Wie kommen die Kinder zur Schule? Gibt es einen Schulbus?
Jede Schule hat ihre eigenen Schulbusse. In jedem Bus sitzt eine „Busmum", die auf die
Kinder aufpasst. Das heißt, dass sie darauf achtet, dass alle Kinder da sind
und zur richtigen Zeit aussteigen. In den Bussen sind alle Kinder angeschnallt,
und wenn ein Kind sich mal übergeben muss, hält die „Busmum" auch gerne mal
eine Plastiktüte bereit.
Das klingt alles sehr positiv. Gibt es auch Nachteile an einer internationalen Schule?
Ja natürlich, denn da viele Familien nur für einen begrenzten Zeitraum nach Hongkong
kommen, gibt es an den Schulen ein stetiges Kommen und Gehen. Dies kann ein Vorteil
sein, da die Kinder immer wieder neue Mitschüler kennen lernen. Jedoch können
auch Freunde die Schule verlassen, womit besonders Elena zurzeit zu kämpfen hat.
Ihre beste Freundin ist zurück nach England gezogen. Ein solcher Verlust ist
gerade für ein so junges Mädchen nicht leicht. Sie muss sich komplett neu
orientieren und neue Freundschaften schließen.
Hätten sie es im Nachhinein anders gemacht?
Nein! Unsere Kinder sind glücklich in der Schule und in unserem Leben in Hongkong. Wir
fühlen uns sehr privilegiert und dankbar in dieser wunderschönen Metropole
leben zu dürfen.