In Schleswig-Holstein steht die Rückkehr zum G9-Lehrplan kurz bevor.
Altenholz. Ich, als derzeitiger Neuntklässler
auf dem G8 Gymnasium Altenholz, verstehe die Bildungspolitik nicht mehr und
frage mich: „Was soll das denn? Die ersten G8-Abiturienten sind hier in
Schleswig-Holstein doch erst vor einem Jahr mit der Schule fertig geworden und
nun soll das laufende Schulsystem an unserer Schule einfach wieder zurück auf
Anfang gestellt werden?".
Aber jetzt erstmal der Reihe nach: G8 gibt bzw. gab
es nahezu überall in Deutschland. Die Verkürzung der Schulzeit bis zum
Abitur von dreizehn auf zwölf Jahre war
zwischen 2012 und 2015 mit der G8-Reform in fast allen Bundesländern eingeführt
und umgesetzt worden. Die neuen Bundesländern waren davon nicht betroffen, da
in diesen schon immer nach G8 gelernt wurde und wird. Vereinzelte Bundesländer
wie z.B. Niedersachsen sind bereits schon wieder vom bestehendem G8 System
zurück auf G9 gewechselt, so wie es bei uns auch vielleicht bald der Fall sein
wird. Nachdem die CDU die Landtagswahl
im vergangenen September gewann, entschied diese, dass nach 10 Jahren alle Fünft- und
Sechstklässler ab dem Schuljahr 2019/20 wieder von G8 zu G9 umgestellt werden
soll. Die Begründung ist, dass den G8-Schülern, also mir, keine Zeit mehr
bliebe für gesellschaftliches Engagement, für Vereinssport oder andere
außerschulische Aktivitäten. Des Weiteren hätten wir deutlich mehr Stress bei
schlechteren Lernerfolgen, was wiederum zu großen Defiziten beim Start an den
Unis führe.
Hier, rund um Kiel, gibt es weitere 11 Gymnasien,
die alle nach dem G8-Lehrplan unterrichten. Hieraus ergibt sich folglich auch, dass sich für mich bisher gar nicht die Frage stellte, ob ich G8 eigentlich gewachsen sei oder doch lieber G9
„mache". Jetzt, nachdem ich mich umfassend zu diesem Thema informiert habe,
stelle ich mir allerdings selber die Frage: „Waren wir, die jetzigen G8
Schüler, nur Versuchsobjekte, bei denen das Versuchsergebnis so schlecht
ausfiel, dass das Experiment gestoppt werden muss? Und was wird aus mir und
uns, die trotz dieser „neuen" Erkenntnis diesen G8-Weg zu Ende gehen müssen,
obwohl wir so gestresst und mit großen Defiziten behaftet sein sollen? Die
Antwort lautet „Nein", wie mir unsere Schulleiterin Cornelia Hörsting
bestätigt: „Man sagt, dass die
G8-Abiturienten nicht nur organisierter als die G9- Schüler sind, was sehr
hilfreich sein kann im weiteren Leben, sondern sie können auch das
gewonnene Jahr anderweitig nutzen,
z.B. mit einem sozialen Jahr." Außerdem frage ich mich, ob es irgendeine
Möglichkeit für eine Schule gibt, die G9-Politik zu umgehen. Ich
recherchiere im Internet und finde heraus, dass zunächst ein Antrag auf Verbleib bei G8 eingereicht werden muss. Dann trifft sich
die Schulkonferenz, die zu gleichen Teilen aus Lehrern, Schülern und Eltern
zusammengesetzt ist und stimmt ab. Dies erscheint mir dann doch recht einfach,
bis ich lese, dass mindestens 75% der Stimmen für G8 erzielt werden müssen. Das
wiederum wirkt für mich erst mal sehr
unwahrscheinlich. Ich frage zudem meine Schulleiterin, ob sie sich ein bisschen betrogen fühle,
nachdem es ja viel Mühe und Arbeit gekostet habe, eine Schule von G9 auf G8 umzustellen. Darauf antwortet sie
nur schlicht: „Betrogen ist das falsche Wort, nicht gut durchdacht von der
Politik treffe es besser". Sie meint außerdem, „dass man sich hätte besser abstimmen müssen", nachdem
die SPD G8 eingeführt hatte und jetzt die CDU wieder auf G9 umstellen will. Bei so viel Gewechsel
von G8 zu G9 und umgekehrt stellt sich für mich natürlich die Frage, haben wir
auch etwas Positives davon? Frau
Cornelia Hörsting weiß es schon: „Es ist vorgesehen, keine neuen Themenbereiche
in G9 zu schaffen, sondern die Themen von G8 zu vertiefen". Zum Abschluss
meines Interviews mit Frau Hörsting frage ich sie nach ihren Wünsche bezüglich des deutschen Schulsystems: „Ich würde mir wünschen, dass man so ein
System bundesweit vereinheitlicht und dann auch ein paar Jahrzehnte beibehält.
Unterschiede sind gut und sogar sehr wichtig für unser Leben, aber in der
Schule ist es nur „semi" optimal, denn wenn Schüler z.B. wegen des
Arbeitsplatzes ihrer Eltern in ein
anderes Bundesland umziehen und dann von G9 zu G8 wechseln müssen, weil es dort
nur dieses gibt, dann hat dieses Kind
oft Probleme und wird es eventuell sehr schwer haben". Es bleibt abzuwarten,
wie sich meine Schule entscheiden und ob mein Weg trotz allem erfolgreich über
„LOS" führen wird.
Tjorge Schwarz (15), 9b, Gymnasium Altenholz