Abfischen am Kasseteich

Klasse 8a (Gymnasium Wellingdorf) 19. November 2018 1 Kommentar(e)
© Rudi Fischer

Muxall. Es ist Samstag, der 13. Oktober und bereits früh am Morgen scheint bereits die Sonne auf dem Hof der Familie Göttsch in Muxall. Nach und nach trudeln Kinder und Erwachsene ein, sie alle wollen beim ersten Abfischen des Jahres am Kasseteich dabei sein.

Die Kasseteiche befinden sich wenige Kilometer östlich von Kiel, im Probsteierhagener Ortsteil Muxall. Aufgrund der großen Wasserfläche von insgesamt 80 Hektar könnte man meinen, dass es sich um Seen handelt, es sind aber sogenannte Himmelsteiche. Dies bedeutet, dass man die Teiche zwar über den Mönch (ein Stauwerk am Auslauf eines Teiches) ablaufen lassen kann, sie aber über keinen natürlichen Zulauf verfügen. Sie füllen sich nur mit Regen und Drainagewasser. Man kann die Herkunft der Teiche bis ins Mittelalter zurückverfolgen, damals wurden die Teiche bereits von den Mönchen bewirtschaftet.

Die Teiche sind schon seit 1929 im Familienbesitz der Familie Göttsch, seitdem wurde fast jedes Jahr abgefischt. Es ist schon eine Tradition. Die Fischzucht wird auch heute noch von Familie Göttsch betrieben, allerdings nur noch im Nebenerwerb. Kristiane Göttsch und ihr Bruder Gerhard stecken viel Zeit in die Vorbereitung des Abfischens. Im Frühjahr beginnt es mit dem Einsetzen der „kleinen" Karpfen. Um große Speisekarpfen zu erhalten, werden sie im Sommer auch mit Getreide zugefüttert. „In diesem Sommer haben wir allerdings kaum zu gefüttert, da es den Sommer über sehr warm war und es bei der Futterzufuhr zu Sauerstoffmangel kommen könnte", erklärte Kristiane Göttsch. Die hauptsächliche Nahrung nehmen die Karpfen aber aus den natürlichen Pflanzen im Teich auf. Ungefähr fünf Wochen vor dem Abfischen beginnt das Ablassen des Wassers über den „großen Mönch". Das abgelassene Wasser fließt über den Kassegraben in die Hagener Au.

Im Oktober geht es dann endlich los mit dem Abfischen. Als Erstes wird immer der größte Teich abgefischt, die „große Kasse". Am Tag des Fischens werden die Fischfässer, die an den Trecker gehängt werden, mit Wasser gefüllt und mit Sauerstoffflaschen bestückt. Bevor es zum Teich geht, werden die zahlreichen Helfer am Hof mit Wathosen versorgt. Es stehen alle Helfer in den Startlöchern und freuen sich darauf, dass es endlich los geht. Die Trecker fahren zum Teich, einige der Fischer stehen hinter den Fässern auf den Anhängern, andere gehen zu Fuß hinterher.

In dem Restwasser, das im Graben vor dem Mönch bleibt, sammeln sich die Fische. Am Teich angekommen, fangen die Helfer auch schon an. Mit einem Zugnetz geht das Helferteam den Graben entlang und zieht die Fische anschließend durch den schlammigen Graben in Richtung Mönch. Es ist nicht einfach, durch den Schlamm zu laufen, aber trotzdem finden viele ihren Spaß daran. Das Netz wird nach vorne zum Trecker gezogen. Dort wird es festgemacht und hochgehalten, so dass die Fische nicht aus dem Netz schwimmen können. Die dicken, zappelnden Karpfen (ca. 2-10 Kilogramm) werden mit Keschern aus dem Netz geholt und in bereitstehende Bütten geschüttet. Die Bütten werden dann in das Fass mit Frischwasser gekippt. Aber nicht nur Karpfen werden aus dem Teich geholt, auch Hechte und Schleie sind dabei. Im Abfischkasten hinter dem Damm wird ebenfalls gearbeitet, die jungen Nachwuchshelfer fischen viele kleine Fische wie Rotfedern, Moderlieschen und Barsche heraus und haben sichtlich Spaß am Abfischen.

„Die Karpfen sind in diesem Jahr sehr gut gewachsen und haben ordentlich an Gewicht zugelegt. Da der Sommer sehr trocken war, können wir froh sein, dass es im letzten Jahr so viel geregnet hat und die Teiche gut mit Wasser gefüllt waren. Wäre im Frühjahr bereits zu wenig Wasser in den Teichen gewesen, hätte es zu erheblichen Problemen kommen können. Aber es hat alles gepasst in diesem Jahr", so Kristiane Göttsch, während sie gemeinsam mit einem der Helfer die Bütten zum Trecker trägt.

Wenn der Graben leer gefischt wurde, fahren alle wieder zum Hof. Da werden die dreckigen Wathosen mit dem Schlauch abgespült. Die nasse Kleidung wird aus- und trockene Sachen werden angezogen. Für die fleißigen Helfer gibt es heiße, leckere Erbsensuppe und vielleicht auch einen heißen Punsch. Ein erfolgreicher „Abfischtag" endet mit einem gemütlichen Zusammensitzen in der Sonne.

Die abgefischten Fische werden in kleinere Hälterteiche zum Hof gebracht, wo sie bis zum Verkauf im frischem, mit Lüftern versehenen Wasser schwimmen und „auswässern". Unmittelbar nach dem Abfischen könnte der Fische moderig schmecken, da sich der Schlamm in den Kiemen absetzt. Die Karpfen werden in den Wintermonaten direkt am Hof im dortigen Verkaufsschuppen verkauft, dort kann sich der Kunde seinen Karpfen quasi selbst im Hälternetz aussuchen. Das Hauptgeschäft findet dann an Weihnachten statt, da es sich beim Karpfen tatsächlich noch um ein traditionelles
Weihnachtsessen handelt.

Jonna Göttsch, 8a, Gymnasium Wellingdorf

 
1 Kommentar(e)
  1. Ulrike Schneider
    9. Dezember 2018

    Ganz großes Kompliment Jonna. Hast Du sehr gut geschrieben und beschrieben. Liebe Grüße von Ulrike

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