Mittwoch. Es ist 06:15 Uhr. Der Wecker klingelt. Borna steht auf, putzt Zähne, zieht sich an und geht die Treppe runter, um zu frühstücken. Er setzt sich an den Tisch und will gerade anfangen zu essen, als seine Mutter ihn erinnert, Blutzucker zu messen. Er nimmt einen Teststreifen und führt ihn in sein Messgerät ein, das Messgerät piept und der Bildschirm leuchtet auf. Er nimmt sich seine Stechhilfe. Sticht.
Jetzt drückt er mit zwei Fingern auf den angestochenen Finger und ein Tropfen Blut quillt hervor. Diesen Tropfen hält er an den Teststreifen und dieser saugt das Blut auf. „Fertig", sagt Borna. Das Messgerät piept und zeigt einen Countdown an, am Ende stehen 220mg/dl auf der Anzeige. „Oh, da muss ich Ausgleich spritzen."
Bornas Zielwerte sind 80-140 mg/dl, ein Mensch ohne Diabetes ist immer im Bereich 80-120mg/dl. Bei Diabetikern funktioniert die Bauchspeicheldrüse durch eine Autoimmunerkrankung nicht mehr. Das heißt, dass das Immunsystem die insulinproduzierenden β-Zellen als schädlich anerkennt und anfängt, sie zu zerstören.
Nach dem Frühstück packt Borna seine Sachen und fährt mit dem Fahrrad zur Schule. In der Schule angekommen, macht er die ersten zwei Schulstunden kaum etwas, das mit Diabetes zu tun hat. Er schaut nur ab und zu auf seine Pumpe, um seinen Blutzuckerwert zu sehen.
Seine Insulinpumpe ist mit einem Sensor, den er am Arm trägt, über Funk verbunden. Er bekommt deshalb alle fünf Minuten einen Wert. Dieser Wert ist nicht genau derselbe wie der echte Blutzuckerwert und hängt immer ein bisschen hinterher. Der Sensor misst über einen Platinfaden im Unterhautfettgewebe eine Reaktion von Platin und Zucker. Er muss alle 12 Stunden mit einem Blutzuckerwert kalibriert werden. Ihm wird also gesagt, wie viel der Reaktion einen Blutzuckerwert von x ergibt.
Nach den ersten beiden Schulstunden hat Borna die erste große Pause, dort misst er wieder Blutzucker und gibt sich Insulin für die beiden Brote, die ihm seine Mutter gemacht hat, ab.
Das funktioniert über einen Schlauch von der Pumpe zu einem Katheter in Bornas Bauch.
In der Pause isst er dann sein Brot und spielt Tischtennis. Nach der Pause hat er wieder zwei Schulstunden bis die nächste große Pause anfängt. In dieser misst er wieder Blutzucker und kauft sich ein Käsebrötchen in der Kantine der Schule.
„So. Insulin abgegeben", sagt er und geht wieder zur Tischtennisplatte, um mit einigen Jungs aus seiner Klasse „Runde" zu spielen.
Er hat extra etwas weniger Insulin abgegeben, als er für das Käsebrötchen normalerweise gebraucht hätte. Bei Sport fällt der Blutzucker nämlich ab, denn der Körper braucht Zucker für die Muskeln. Sport soll Borna deshalb am besten nur machen, wenn der Blutzuckerwert über 160mg/dl ist oder hoch geht. Wenn Borna das vergisst, was auch schon öfters passiert ist, unterzuckert er und muss etwas essen, das schnell ins Blut geht. „Ich nehme dafür meistens Apfelsaft oder Traubenzucker, weil das am schnellsten geht", meint Borna.
„Lass mal heute nicht in die Cafeteria", sagt er zu Tom, einem Mitschüler und Freund von ihm, der auch Diabetes hat. Borna hat zwei Klassenkameraden mit Diabetes. „Das macht es viel einfacher, weil man sich austauschen kann". So sehen das auch die beiden anderen Diabetiker Tom und Thore.
Sobald die Schule zu Ende ist, fährt Borna, mit seinem Kumpel Tom, mit dem Fahrrad nach Hause. Zu Hause angekommen, gibt es Mittagessen und Borna muss wieder Blutzucker messen. Nach dem Messen rechnet er aus, wie viele Kohlenhydrate er essen wird und gibt die nötige Menge an Insulin ab. Nach dem Essen macht er Hausaufgaben. 2,5 Stunden nach dem Essen guckt er nochmal auf seine Pumpe um zu wissen, wie hoch sein Wert ist.
Diabetiker müssen ausrechnen, wie viel Kohlenhydrate sie essen, um zu wissen, wie viel Insulin sie abgeben müssen. Es gibt fast auf jedem Produkt eine Nährwerttabelle, wo die Menge der Kohlenhydrate abgelesen werden kann. Wie viel Kohlenhydrate bestimmte Produkte haben, können Diabetiker nach einiger Zeit meist schon auswendig. Die Kohlenhydrate müssen jedoch, bevor das Insulin abgegeben wird in sogenannte KE (Kohlenhydrateinheiten) umgerechnet werden. 10 Gramm Kohlenhydrate entsprechen 1KE. Diese KE werden dann mit einem bestimmten Faktor, den der Diabetiker vom Arzt bekommen hat, multipliziert. So weiß man, wie viel Insulin man abgeben muss. Die Pumpe kann das schon von alleine ausrechnen und Borna muss nur die Anzahl an KE die er gegessen hat angeben. Das macht es um einiges einfacher, vor allem wenn man nicht gut in Mathe ist oder sich lieber mit etwas anderem beschäftigen will.
Jetzt ist es 17:00 und Borna muss um 17:30 beim Fußballtraining sein. Er misst Blutzucker und je nachdem wie hoch sein Wert ist, isst er noch etwas. Wenn sein Wert im Zielbereich ist, dann nimmt er etwas. Wenn sein Wert über dem Zielbereich ist, nimmt er nichts, und wenn sein Wert unter dem Zielbereich ist nimmt er mehr als er muss, weil er gleich Sport macht. Während des Fußballtrainings hat er seine Pumpe vom Bauch abgenommen, da es ihm nicht gefällt mit der Pumpe am Bauch zu spielen. Nach dem Training fährt er nach Hause und duscht. Während des Duschens hört er die Pumpe Alarm geben. Sein Blutzucker ist zu niedrig. Er trocknet sich ab, zieht sich an und geht zum Abendessen. Nach dem Abendessen gibt er weniger Insulin ab als er soll, weil er wegen des Fußballtrainings auch in der Nacht noch unterzuckern könnte.
Borna sagt: „Der Diabetes ist allgemein kein Problem für mich, auch wenn es manchmal ein bisschen nervt."
Von Tom Anders und Borna Novakovic, Gymnasium Altenholz, 9a
1 Kommentar(e)