Zurück in den Alltag – für manche eine Hürde

Klasse 9a (Gymnasium Altenholz) 19. November 2018 7 Kommentar(e)

Es ist 15:00 und auf der M1 in der Kinderklinik Kiel gehen Dr. med. Wurst und Dr. Upps zusammen in alle Krankenzimmer. Hier liegen Kinder, die todkrank sind oder die bald gesund sein werden. „Wir möchten den Kindern für einen Moment am Tag die Möglichkeit geben Kind zu sein. Wir stellen uns in der Krankenhaushierarchie unter die Kinder, die immer alles machen müssen was ihnen gesagt wird, und sie dürfen uns dann Befehle erteilen und über unsere Dummheit lachen was sie stark macht.", erzählt Harald Roos der im Krankenhaus nur Dr. med. Wurst genannt wird.

Die Kinder und Jugendlichen die hier in der Behandlung sind haben durch die vielen Schmerzen von Operationen und Medikamenten keine schöne Zeit. Daher gibt es die beiden Klinikclowns die den Eltern und Kindern ein paar unbeschwerte Momente schenken und die Kinder manchmal auch zu den Operationen begleiten.
„Unser Ziel ist es den Kindern zu begegnen und Kontakt mit ihnen aufzubauen. Wir zeigen Interesse für ihre Interessen und lassen sie dadurch Kraft schöpfen" erklärt Bettina Huck. Sie gilt in der Klinik als Dr. Upps.

Wenn die Kinder ihre Therapie und Behandlung durch haben geht es wieder zurück nach Hause. Zurück in den Alltag was bei vielen nicht leicht ist.

Die empfohlene Länge der medizinischen Krebsnachsorge dauert ungefähr fünf Jahre wobei die Zeitspanne je nach Krankheit, Person und Heilungsgeschwindigkeit variieren kann.
Nach ca. fünf Jahren ohne Rückfälle gelten Krebspatienten medizinisch als geheilt und danach kommen sie nur noch selten zur medizinischen Untersuchung. „Alle ehemaligen Patienten dürfen immer wieder kommen, müssen aber nicht, wenn sie nicht wollen." erklärt Prof. Dr. Schrappe, Leiter der Kinderklinik Kiel.

Aber nicht nur der Körper braucht Nachsorge. Die Situation krebskrank zu sein ist unglaublich belastend für die meisten und es ist nicht nur der Körper der nach der Behandlungszeit heilen muss sondern auch die Psyche und der Geist, denn es ist oft nicht möglich aus dem Krankenhaus zu kommen und sofort sein Leben weiterzuleben.

Dafür gibt es eine andere Art von Nachsorge: Psychosoziale Nachsorge und in Kiel die Nachsorge von Annette Petrauschke, Peter Münster und Marlies Obernest.

Am 7.11. fand eine Veranstaltung statt, auf der sich ehemalige Krebspatienten mit Ärzten aus Kiel und Umgebung unterhalten haben. Dort habe ich Manuel Zwanck getroffen. Manuel hatte eine Form von Lymphdrüsenkrebs, welche durch Chemotherapie behandelt wurde. Aber er hatte teilweise Probleme in der Zeit nach der Erkrankung. Z.B. lehnten viele Arbeitgeber ihn direkt ab, als sie von seiner Geschichte hörten.
Als ich mich zwischen den vielen Hintergrundgeräuschen der Gespräche mit ihm unterhalte, erzählt er mir offen seine Meinung über das Thema. „Es ist bei der Nachsorge wichtig das alles durchgeguckt wird körperlich und, dass jemand das macht der damit täglich zu tun hat und der sich damit auskennt und Nachsorge ist extrem wichtig denn in den ersten Jahren ist oft wenig los und man wird immer gesünder aber das Problem bei Krebs ist, dass sie Folgen oft erst so viel später kommen"

Die psychosoziale Nachsorge ist für ehemalige Patienten die mittlerweile Erwachsene sind und Probleme im Alltag haben aber nicht mehr zu ihrem Kinderarzt gehen können/dürfen. Zum Beispiel finden sie aufgrund ihrer Geschichte und ihres Schwerbehindertenausweises keinen Beruf oder sie haben Spätfolgen ihrer Behandlung, die sich dann beispielsweise in Zusammenbrüchen zeigen und die auch viele Jahre nach der Therapie auftreten können.

An der psychosozialen Nachsorge wird momentan noch gefeilt aber betroffene können schon zu dieser Stelle gehen. Kiel und Lübeck arbeiten dabei zusammen und die Stelle befindet sich in Lübeck. Betroffene haben dort die Möglichkeit mit Leuten zu reden, die sich in dem Thema auskennen und zusammen findet man dann eine Lösung für das Problem. Als ich ein paar Meter weiter durch den Raum gehe, erzählt mir Prof. Dr. Schrappe: „Die psychosoziale Nachsorge wird von dem Förderkreis für krebskranke Kinder und Jugendliche, Team Doppelpass, der deutschen Krebshilfe, der deutschen Kinderkrebsstiftung, den Krankenkassen und verschiedenen anderen Organisationen unterstützt."

Ein informativer und interessanter Abend denke ich mir als ich gegen 20.00 Uhr durch die Flügeltür wieder Richtung Kieler Innenstadt gehe.

Ein paar Tage später fahre ich nach Falkenstein zu einer der Fahrten von Annette Petrauschke, Peter Münster und Marlies Obernest, die das Programm vor ein paar Jahren aufgebaut haben.

Als ich mit Peter und Annette am Falkensteiner Strand stehe erzählt mir Peter: „Am Anfang habe ich mich gefragt ob mich das Thema Todkrank zu sein zu sehr berührt aber dann habe ich gemerkt wie daraus eine Art Freundschaft bzw. Familie geworden ist und das hat mir persönlich auch Kraft und Freude gegeben."

Annette schildert mir: „Einen Rahmen geben, Regeln gibt es nicht viele, sei es kein Smartphone am Esstisch zu haben, die Jugendlichen sollen machen dürfen was sie gerne machen würden und eine lockere Stimmung. Das sind die Dinge die wichtig sind damit das Programm funktioniert."

An diesem Wochenende findet ein Fotoshooting für die Jugendlichen statt und kurz bevor sie dran ist schaffe ich es kurz mit Lisann zu reden. „Ich gehe gerne mit auf die Fahrten denn man hat so viel Spaß, kann neue Sachen ausprobieren und die Leute die man trifft sind alle total toll! Und die Nachsorge ist egal in welchem Umfang immer wichtig, denn wenn man einen Rückfall hat kann das früh erkannt werden und man kann schnell handeln" ,erzählt sie mir in unserem kurzen Interview.

Als die Sonne schon fast nicht mehr zu sehen ist mache mich wieder auf den Weg.

Sowohl die Fahrten als auch die psychosoziale Nachsorge werden von dem Förderkreis für Krebskranke Kinder und Jugendliche e.V. finanziert und es ist enorm wichtig das Sie, die Leser wissen, was das für ein großes Thema ist. Und die Nachsorge in Kiel lebt von den Spenden der Menschen die bereit sind den Kindern und Jugendlichen zu helfen.

Marla Drepper, Gymnasium Altenholz, 9a

 

 
7 Kommentar(e)
  1. Anke Brehme
    29. November 2018

    Vielen Dank für diesen Beitrag. Unter diesem Gesichtspunkt habe ich die Krankheit noch nicht wahrgenommen und mir ist klargeworden, dass man nach dem Abschluss der medizinischen Behandlung noch lange Zeit an den Folgen zu arbeiten hat um wieder in sein ,altes 'Leben zurückkehren zu können. Daher sollte der Artikel öffentlich gemacht werden um auf die Wichtigkeit der proffesionellen Nachsorge hinzuweisen
  2. Axel Neugebauer
    29. November 2018

    Ich halte dies für einen hervorragenden und vor allem sehr wichtigen Beitrag. Da ich selber vor vielen Jahren als Junger Mensch im Alter von 17 Jahren an Krebs erkrankt war weiß ich aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, zum Einen regelmäßig zur Nachsorge zu gehen aber auch zum Anderen offen über seine Probleme und Ängste sprechen zu können und dies, wie in diesem Beitrag beschrieben, an den dafür vorgesehenen Stellen. Denn die Seele leidet natürlich immer mit. Auch ich kann mich daher nur dafür aussprechen, dass dieser Artikel öffentlich gemacht wird und auf die Notwendigkeit einer professionellen Nachsorge hingewiesen wird.
  3. Jutta Moldenhauer
    29. November 2018

    Die psychosoziale Nachsorge gerade für Kinder und Jugendliche nach einer Krebserkrankung finde ich sehr wichtig. Ihnen fehlt häufig eine längere Zeit normale Kindheit. Eine frühe Psychosoziale Behandlung wird sicher dazu beitragen, dass dies nicht ins spätere Leben hineinwirkt und die jungen Menschen sich gesund entwickeln können. Gut, dass durch diesen Artikel viele Menschen davon Kenntnis erhalten.
  4. Sabine
    29. November 2018

    Schön, dass dieser Aspekt mal in den Vordergrund gestellt wird. Sehr wichtig, finde ich
  5. Birgit H-H
    29. November 2018

    Wir sehen die Menschen mit ihrer Krebserkrankung. Dass die Krankheit nach medizinischem Erfolg körperlich überwunden, aber von der Psyche noch lange nicht verarbeitet ist, nehmen wir sicherlich häufig gar nicht war. Eine prossionelle Begleitung in der Nachsorge ist daher unerlässlich. Ein guter Artikel, um diesen Aspekt öffentlich zu machen!
  6. Sabine Zwanck /Beirat Förderkreis
    30. November 2018

    Toller Artikel, man liest, wieviel Mühe du dir gegeben hast. Es werden wichtige Problematiken angerissen, von denen viele, die nichts mit Krebs zu tun haben wissen. Ich würde es super finden, wenn der Artikel von vielen gelesen wird. Nochmals vielen lieben Dank für dein Engagement!
  7. Monika Gräf
    1. Dezember 2018

    Die Aspekte, die du in deinem Artikel aufführst habe ich als Nichtbetroffene so noch gar nicht gesehen. Vielen Dank dafür Marla

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