Unterschätzt und unterbezahlt

10 a, Gymnasium Lütjenburg 19. November 2018
© Lea Meyer

Soziale Berufe gehen in der Gesellschaft immer mehr unter. Sie werden oft unterschätzt und meist sogar unterbezahlt, obwohl sie doch so wichtig sind. Tanja Meyer (43) ist eine der wenigen, die in dieser Branche arbeitet und uns einen Einblick verschafft.

Frau Meyer, in welchem Bereich sind Sie tätig?
Ich arbeite als Hauswirtschafts- und Betreuungsassistentin in Lütjenburg, das heißt, ich unterstütze Menschen, die aufgrund eines Unfalles, einer Behinderung oder einer Krankheit Hilfe benötigen.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Das ist immer unterschiedlich. Der Beruf ist sehr vielseitig und beinhaltet alles mögliche. Bei den einen Kunden helfe ich nur ein wenig im Haushalt, mit den anderen fahre ich zum Arzt oder gehe für sie einkaufen. Neben solchen Tätigkeiten, gehe ich auch mit ihnen spazieren, habe immer ein offenes Ohr und helfe wo ich kann. Zuhause geht das ganze Spektakel dann mit meinen Kindern weiter.

Wie passen Ihre Arbeitszeiten mit dem Fulltime-Job Mutter zusammen?
Mein Tag beginnt um die selbe Uhrzeit wie der meiner Kinder. Wir machen uns alle fertig, ich fahre sie zur Schule und dann geht es für mich weiter zur Arbeit. Wann ich zu Hause bin ist tagesabhängig. Meistens bin ich allerdings nicht viel später als sie zu Hause, also passt das ganz gut. Wenn ich einen Tag doch mal länger arbeiten muss, kümmert sich meine älteste Tochter um die drei Kleinen.

Wie fühlen Sie sich in diesem Beruf?
Ich liebe meinen Beruf. Seitdem ich in dieser Branche arbeite, stehe ich gerne morgens auf. Die Arbeit mit so vielen interessanten Menschen und dass ich ihnen helfen kann, erfüllt mich und ich bin glücklich, dass ich mit meinem Job andere glücklich machen kann. Darauf kommt es für mich bei einem guten Beruf an.

Was gefällt Ihnen besonders an der Arbeit mit Menschen?
Ich lerne neue Leute kennen und ihre Geschichte, das macht den Beruf so interessant. Ein reiner Bürojob würde mich einfach nicht glücklich machen. Ich wollte schon immer einen Beruf haben, mit dem ich Menschen wirklich helfen kann.

Welche negativen Aspekte bringt der Beruf mit sich?
Die Zeit, die uns eingeteilt wird, reicht meines Erachtens nach oft nicht aus. Ich finde es schade und fühle mich oft so, als würde ich jemanden vernachlässigen. Gerade bei Kunden, die dement sind oder keine Angehörigen mehr haben, die sie besuchen, würde ich gerne länger bleiben und ihnen Gesellschaft leisten.

Würden Sie sagen jeder kann in diesem Beruf tätig sein oder gibt es Kriterien, die nicht jeder auf Anhieb erfüllen kann?
Man braucht viel Geduld und Fingerspitzengefühl. Nicht jeder Kunde öffnet sich sofort, man muss eine Verbindung aufbauen, sie müssen dir vertrauen können. Wie willst du jemandem helfen, der dir nicht vertraut? Man braucht auch eine bestimmte Resistenz, was das sauber machen angeht und auch die jeweiligen Umstände, nicht jeder ist dafür gemacht.

Man hört oft, dass solche Berufe viel psychischen Stress mit sich bringen. Wie beurteilen Sie das?
Es ist schon nicht immer einfach. Vieles was die Menschen mir erzählen oder was man mitbekommt, generell ihre Lebensumstände, sind nicht immer so schön. Die meisten haben schon viel erlebt und mitgemacht. Man muss ein gutes Gleichgewicht finden zwischen Mitgefühl zeigen und sich selbst nicht davon traurig machen lassen, man muss sich einfach selbst schützen und nicht alles so nah an sich ran kommen lassen.

Fällt es Ihnen leicht Berufliches und Privates zu trennen?
Meistens nehme ich nur Positives mit von meinem Arbeitstag, da fällt es mir natürlich leicht. An manchen Tagen passiert vielleicht mal etwas, was mich dann auch noch den Tag über beschäftigt, aber das ist eher der seltenere Fall.

Es heißt, es gäbe viel zu wenige, die in dieser Branche tätig sind. Merken Sie das auch in Ihrer Firma?
Bei uns in der Firma ist eigentlich immer alles gut geregelt, aber wie eben schon erwähnt, hätte ich gerne mehr Zeit für meine Kunden. Und je mehr Angestellte, desto mehr Menschen können wir helfen. Ich kann es jedem nur ans Herz legen, der sich noch unsicher ist, was er ausüben möchte, mal einen Termin zu machen und sich den Beruf näher anzuschauen.

Außerdem werden diesem Job schlechte Bezahlung und viel zu viele Arbeitsstunden nachgesagt. Was sagen Sie dazu?
Mit meinen Arbeitsstunden bin ich sehr zufrieden, bei der Bezahlung mangelt es allerdings, wie in jedem sozialen Beruf. Diese Berufe sind so wichtig und elementar und doch werden sie so schlecht bezahlt. Das ist auch einer der Gründe, woher dieser Mitarbeitermangel kommt. Ich finde es einfach unglaublich, wie es hier in Deutschland zugeht. Die Bedürfnisse der Menschen sind weniger wert, als Statistiken eines Großkonzerns. Aber dennoch bin ich mit voller Leidenschaft dabei, es ist toll so einen Beruf auszuüben.

Ich habe dieses Thema für mein Interview gewählt, weil soziale Berufe so sehr unterschätzt werden. Ich möchte damit auf die vielen positiven Seiten aufmerksam machen.

Lea Meyer, Gymnasium Lütjenburg, 10a

 
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