,,Als Kind habe ich mich oft darüber geärgert, wie Erwachsene mit der Natur umgehen"
Annalena Baerbock über politisches Engagement, Klimawandel und Fridays for Future
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Frau Baerbock, wann haben Sie begonnen, sich politisch zu engagieren?
Als Kind habe ich mich oft darüber geärgert, wie Erwachsene mit der Natur umgehen. In einem Waldstück, in dem ich gern gespielt habe, lag immer Müll rum. Den habe ich mit Freunden gesammelt. Später habe ich erfahren, dass der Regenwald abgeholzt wird und das Eis der Arktis schmilzt. Dagegen will ich etwas tun.
Wie sind sie zu Bündnis 90/Die Grünen gekommen?
Die Grünen setzen sich aus meiner Sicht am stärksten für die Dinge ein, die mich umtreiben: Klimaschutz, die Gleichberechtigung von Frau und Mann, die soziale Teilhabe aller Menschen. Nachdem ich mein Studium des Völkerrechts in London abgeschlossen hatte, bin ich nach Brandenburg gezogen und habe für die Grüne EU-Abgeordneten Elisabeth Schroedter gearbeitet. Ich habe gesehen, wieviel man erreichen kann, wenn man gemeinsame Ziele hat und sich zusammen für sie stark macht. Und dann bin ich den Grünen beigetreten.
Wären sie nicht Bündnis 90/ Die Grünen beigetreten, wären sie einer anderen Partei beigetreten, wenn welcher?
Ich bin sehr beeindruckt von der Arbeit, die viele NGOs leisten, zum Beispiel Amnesty International. Sie setzen sich dafür ein, dass Menschenrechte überall geachtet und gewahrt bleiben, Rechtsstaatlichkeit gestärkt wird und politische Gefangene faire Prozesse bekommen. Einer anderen Partei wäre ich nicht beigetreten, aber vielleicht hätte ich mich stattdessen aktiv in einer Organisation wie dieser engagiert.
Wie würden sie Jugendlichen empfehlen sich politisch zu engagieren?
Jeden Freitag laufe ich auf dem Weg zur Arbeit an jungen Menschen vorbei, die bei Wind und Wetter auf die Straße gehen und wirksamen Klimaschutz fordern. Gerade seit „Fridays for Future" kann niemand mehr behaupten, ‚diese jungen Leute' seien unpolitisch und interessierten sich überhaupt nicht für die Zukunft und für die Gesellschaft. Diese politische Zivilcourage, die da an den Tag gelegt wird, die muss eurer Generation erstmal jemand nachmachen. Ich kann jungen Menschen daher eigentlich nur sagen, macht weiter so, bringt euch ein!
Was halten sie vom Klimapaket der GroKo und wie würde Ihr Paket aussehen, wenn Sie Bundeskanzlerin wären?
Als das Klimapaket der Bundesregierung veröffentlicht wurde, war ich gerade auf der großen Klimademo am Brandenburger Tor. Die Enttäuschung und Fassungslosigkeit über die laschen Vorschläge zur Klimarettung war mir und den Menschen um mich herum ins Gesicht geschrieben. Um die Klimakrise in den Griff zu bekommen, brauchen wir einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohle, einen gesetzlich verankerten, zügigen Ausbau von erneuerbaren Energien, den Ausbau des Schienenverkehrs und die Mobilitätswende auf der Straße. Das alles gehört in ein ernstgemeintes Klimapaket.
Was halten sie von Fridays for Future? Glauben Sie, es wird auch gegen Sie als Politikerin demonstriert?
Ich erlebe vor allem, dass Fridays for Future eine weltweite Bewegung ist, die nicht gegen, sondern für etwas auf die Straße geht: für echten Klima- und Artenschutz und für eine lebenswerte Zukunft auf unserem Planeten. Diese positive Dynamik finde ich klasse. Sie knüpft an dem Engagement vieler Umweltverbände und Organisationen an. Dass es auch eine große Frustration gibt, weil die Bundesregierung Maßnahmen ergreifen könnten, es aber nicht tut, kann ich nachvollziehen. Deshalb ist es mir ja so wichtig, selbst vorzuschlagen, wie man es besser machen kann, und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern in der Wirklichkeit.
Was halten sie von den Stimmen die meinen, dass Bündnis 90/ Die Grünen immer konservativer werden?
Ich kann mit solchen Begriffen nicht so viel anfangen. Für mich ist klar, dass wir Dinge verändern müssen, um zu bewahren. Zum Beispiel in der Landwirtschaft. Wenn wir nicht große Industriebetriebe mit Megaställen haben wollen, die irgendwelchen Großkonzernen gehören, sondern noch Familienbetriebe, dann müssen wir ein anderes System einführen. Und wenn wir die Klimakrise in den Griff bekommen wollen, müssen wir anders wirtschaften: So, dass eben keine Kohle und kein Öl mehr verbraucht werden. Fest steht: Wir sind nicht mehr nur die Partei, die für eine kleine Gruppe ökologische Politik macht. Wir kümmern uns um die Fragen, die anstehen: wie die Klimakrise gemeistert werden kann, wie wir Europa stark machen können und wie Wirtschaft der Gesellschaft dienen kann.
Johann Kämpfer, Helle Broockmann, Timon Graßhoff (8a, Max-Planck-Schule)
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