Macht nicht denselben Fehler wie ich!

Klasse 10b (Gymnasium Lütjenburg) 17. November 2019 1 Kommentar(e)

,,Macht nicht denselben Fehler wie ich!"


72-jähriger amerikanischer Basketball-Trainer spricht anlässlich des 50 jährigen Jahrestags über seine Kriegserfahrungen in Vietnam.

Robert ,,Bob" Alexander ist 72 alt und lebt seit 2007 in Eutin, wo er die männlichen Jugend- und Herren- Mannschaften der Basketballsparte des TS Riemann betreut .
In diesem Artikel spricht er erstmals über seine Vergangenheit als 22-jähriger Soldat der US-Army in Vietnam und wie ihn diese Zeit geprägt hat.
Der Vietnam Krieg bricht 1955 aus, als Folgeerscheinung des Koreakrieges. Der Krieg endete 1975 mit der Eroberung Südvietnams durch den Norden. Heute gilt der Vietnamkrieg als brutalster Krieg der Menschheitsgeschichte.

Herr Alexander, danke, dass Sie sich Zeit nehmen, meine Fragen zu beantworten.
Um gleich zu beginnen: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie das Flugzeug bei Ihrer ersten Landung in Vietnam verließen?

Das erste Mal war ich total verwirrt, ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte, oder wo ich hin sollte. Also habe ich mich einfach in einen leeren Raum gesetzt und gewartet, bis mich jemand abholte.
Beim zweiten Mal war ich mir sicher, dass ich sterben würde. Und habe mich mehrere Tage betrunken.
Das Einzige, was ich wollte, war, dass genug von mir übrig blieb, das nach Hause geschickt werden konnte.

Was haben Ihre Familie und Freunde gesagt, als sie wussten, dass Sie in Vietnam kämpfen würden?

Ich habe nicht mit ihnen gesprochen, sie hätten es eh nicht verstanden. Der einzige, der es verstand, war mein Stiefvater, der im zweiten Weltkrieg im Pazifik gekämpft hatte. Außerdem wäre ich verrückt geworden, hätte ich darüber gesprochen, ich konnte es einfach nicht.

Hatten Sie eine militärische Ausbildung?

Ja, wir hatten täglich Training. Wir mussten zum Beispiel Fallschirmspringen, was ich wegen meiner Höhenangst gehasst habe.

Wo war das?

Unser Training war in San Diego, Texas.

Hatten Sie Freunde im Militär?

Nein, es wäre zu hart gewesen, sie sterben zu sehen. Außerdem haben die meisten mich wahrscheinlich für verrückt gehalten, da ich freiwillig zum Militär gegangen bin und kämpfen wollte.

Hatten Sie Kontakt mit den Einheimischen in Vietnam?

Ja, da gab es diesen Jungen, wahrscheinlich war er zwölf Jahre alt, der immer Schätze im Fluss suchte. Wenn wir eine Pause brauchten oder Freizeit hatten , halfen wir ihm manchmal.
Einmal fragte ich ihn, was er mal werden wolle, er antwortete, Soldat, das ist das Einzige, was ich werden kann.

Was haben Sie gehasst zu tun?

Wenn man Ärger machte, musste man als Strafe die Toiletten putzen. Leider musste ich das öfters tun, und ich habe es entschieden gehasst.

Hat Basketball Ihnen geholfen zu überleben?

Ja, Basketball und Football, das hat das Ganze zu einem Wettkampf gemacht. Zu der Zeit hatten Footballs immer einen weißen Streifen, den man fokussierte, um den Ball dann fangen zu können. Nach einer Weile bildete ich mir immer ein, dass der Feuerball um die Raketen, die auf uns geschossen wurden, dieser weiße Streifen sei, und so wusste ich, wo ich mich verstecken musste, um nicht getroffen zu werden.

Warum sind Sie ein zweites Mal nach Vietnam gekommen?

Weil ich es vermasselt hatte. Ich bin mit einem Truck in eine Feldmine gefahren und der Truck ist explodiert, ich habe keine Ahnung, wie ich das überlebt habe. Als ich das zweite Mal zurückkam, habe ich nur noch gezittert. Daraufhin wurde ich strafversetzt und in eine Zelle gesperrt, weil keiner wusste, wie ich reagieren würde. Danach sollte ich nach Alaska, aber ich wollte unbedingt zurück nach Vietnam, um mir selbst zu beweisen, dass ich tapfer genug war, dort zu sein. Diese Entscheidung habe ich mit einem Bauchschuss bezahlt.

Was möchten Sie der heutigen Jugend mit auf den Weg geben?

Lernt etwas, macht nicht denselben Fehler wie ich und meint zum Militär gehen zu müssen!

Wie war es, zurück in die USA zu kommen?

Scheiße, absolut Scheiße, für zwei Jahre ist man durch diese Hölle gegangen und man kann mit niemandem darüber sprechen. Jeder hat dich gebeten, nicht darüber zu sprechen.
Einmal bin ich mit meiner Oma einkaufen gegangen und hatte eine Veteranen-Jacke an, auf deren Rücken stand:,, Vietnam 1955-1975". Auf einmal schrie mich eine völlig fremde Frau an und nannte mich „Baby-Killer", ich konnte die Wut in ihren Augen sehen! Diesen Tag werde ich nie vergessen. Auch die Jacke habe ich danach nie wieder getragen.

Waren Sie über die politische Situation in Vietnam informiert?

Nein, wir waren zu beschäftigt, am Leben zu bleiben.

Wenn Sie nicht in Vietnam gekämpft hätten, würden sie dann heute hier neben mir sitzen und Spieler trainieren?

Ja, ich wollte immer ein Trainer sein.

Was hat Sie der Krieg gelehrt?

Verstehe deine Fehler!

Bis zu 5,5 Millionen Menschen haben in diesem schrecklichen Krieg ihr Leben gelassen. Auch nach 50 Jahren wirkt das Trauma dieser Zeit auf beiden Seiten nach und bestimmt das Leben der Menschen, die diese Erfahrungen machen mussten.
Dieses Interview wurde unter dem Vorsatz geführt, dass wir Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, als Lehre verstehen, und versuchen, diese in der Zukunft nicht zu wiederholen.

(Das Interview mit Robert Alexander wurde von Jan-Luis Wegner auf Englisch geführt und anschließend übersetzt.)

837 Wörter

 
1 Kommentar(e)
  1. Promedia Maassen
    19. November 2019

    Lieber Jan-Luis,
    spannendes und oft auch heikles Thema, das du dir mit dem Vietnam-Krieg ausgesucht hast. Toll, dass du mit Robert Alexander jemanden gefunden hast, der sehr offen mit dir darüber gesprochen hat. Alle Achtung, dass du das Interview in Englisch geführt und dann übersetzt hast. Das ist natürlich super, weil so auch diejenigen Leser, die kein Englisch verstehen, nun einen authentischen Eindruck erhalten.
    An alle: Welchen Zeitzeugen würdet ihr gerne interviewen?

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