Pro-Ana- Die tödlichen Abnehmgruppen im Internet

WPU Medienpraxis (Gymnasium Lütjenburg) 20. November 2019 4 Kommentar(e)
© Elisa Zezelic

von Elisa Zezelic

„Ich war geschockt, aber auch gleichzeitig angetan", schreibt eine Bloggerin über ihre erste Erfahrungen mit den wohl meisten Leuten unbekannten Pro-Ana-Seiten.
Pro-Ana steht für pro Anorexia Nervosa, also für Magersucht. Die Pro-Ana-Bewegung wird als ein Zusammenschluss von Betroffenen in Internetforen beschrieben. Sie wollen ihre Essstörung nicht nur nicht bekämpfen, sondern diese aufrechterhalten und sich dafür einsetzen. Anders als in „normalen" Fällen der Anorexie entscheiden sich die Anhänger dieser Internetseiten gezielt für die Krankheit.
Die ersten Foren dieser Art entstanden in den 1990er Jahren in englischsprachigen Internetseiten, in Deutschland ca. 5 Jahre später. Die Zahl der Ana-Seiten ist in den vergangen Jahren gestiegen. Viele von ihnen werden zwar immer wieder geschlossen, dann aber unter neuem Namen und an anderer Stelle wiedereröffnet. Meist sind in den Foren Mädchen und junge Frauen im Alter von 12 bis 20 Jahren unterwegs. Doch was genau sieht und erfährt man auf solchen Seiten überhaupt?
Besucht man so eine Seite, sieht man, dass die meisten Seiten sind größtenteils in leichten Pink-oder Blautönen gestaltet werden, meist mit vielen kleinmädchenhaften Motiven. Sie sollen die Leichtigkeit symbolisieren, mit der Ana lockt. Man stößt in den meisten Fällen auf den weit verbreiteten „Ana-Brief", in welchem sich die Krankheit als Person und vermeintliche Freundin vorstellt. „Erlaubt mir. Mich vorzustellen. Mein Name ist- wie mich die sogenannten Ärzte nennen- Anorexia. Anorexia Nervosa ist mein voller Name, aber du kannst mich Ana nennen", heißt es im ersten Abschnitt. Es geht weiter mit einer ausführlichen Vorstellung an die „Anas", wie sich die Anhänger nennen. In dieser fallen extreme Aussagen wie „Ich werde dich an deine Grenzen treiben", „Wenn du isst, wirst du die Kontrolle verlieren" oder „Du fette Kuh, du verdienst es Schmerzen zu haben."
Es folgen meist Informationen über verschiedenste Essstörungen, deren Symptome und Verlauf. Außerdem alles rund um das Thema Ernährung, wie zum Beispiel Kalorien- und BMI Tabellen. Zum anderen werden Tipps und Hinweise gegeben, wie man seine Essstörung aufrechthalten kann. Ein weiterer Bestandteil ist Thinspiration oder kurz auch Thinspo genannt. Dieses Wort wird zusammen gesetzt aus „thin" und „Inspiration", bedeutet also so viel wie „Inspiration zum dünn werden und bleiben". Hierbei handelt es sich meistens um Bilder von dünnen, abgemagerten Frauen, oft Models oder andere berühmte Persönlichkeiten. Thinspiration können auch Gedichte, Lieder oder Filme sein.
Die wichtigsten Elemente sind allerdings die Chats und Instant-Messaging Funktionen. Hier tauschen sich die Anas aus, teilen ihre Ziele, ihre Erfolge und Gedanken mit. In einem Forum schreibt eine Userin mit dem Namen „Lissi" zu den dramatischen Folgen der Magersucht zum Beispiel „Ja, ich möchte auch. Ich will anderen zeigen, dass ich auch was kann", daran kann man erkennen, dass das Abmagern als Talent gewertet wird. Wer ganz besonders gut hungern kann, der „kann etwas". Darüber diskutieren die Teilnehmer des Chats in neuen Diskussionsforen.
Dadurch, dass rund 80% dieser Webseiten als problematisch eingestuft wurden, wurden zahlreiche Schließungen der Foren veranlasst. Diese Maßnahmen stoppte die Pro-Ana-Bewegung allerdings nicht. Die Administratoren gaben ihren Seiten weniger offensichtliche Namen und verlegten sie auf andere Server. Außerdem kommen zu den inneren Bereichen der Website meist nur diejenigen, die sich angemeldet haben, hier fehlt daher eine aktive Kontrolle.
Doch nicht nur auf den Internetforen haben die Anas die Möglichkeit, sich auszutauschen. Man kann sich meist auch ein Profil anlegen, in dem man dann persönliche Daten eingibt, zum Beispiel den Namen und das Alter. Außerdem Größe, Gewicht und die Ziele, die man beim Abnehmen erreichen will. So kann man sich entweder für Pro-Ana-WhatsApp Gruppen „bewerben" oder einen Twin suchen.
Bei den WhatsApp-Gruppen handelt es sich, genau wie auf den Foren, um Anhänger der Pro-Ana-Bewegung. Hier motivieren sich die Teilnehmer täglich und stellen untereinander Regeln und Challenges auf. Ein Admin entscheidet, ob man aufgenommen wird oder nicht. Er entscheidet außerdem ob die Teilnehmer ihre Aufgaben gut erledigt haben oder nicht. Hat man sie gut bestanden, wird man belohnt, wenn nicht, wird man bestraft. Bei zu häufigen Verstoßen der Regeln wird man aus der Gruppe entfernt.
Bei einem so genannten „Twin" handelt es sich um einen gleichgesinnten, der ungefähr die gleichen Maße und Ziele hat, wie man selbst. Es läuft gleich ab wie in den Gruppen, jedoch nur zu zweit. In manchen Fällen werden extra Twins zum Todhungern gesucht. Magersucht hat mit 15% eine enorm hohe Sterblichkeitsrate. In diesem gefährlichen Pro-Ana-Hype vereint sich der Wunsch nach einem perfekten Körper mit der Sehnsucht nach Zugehörigkeit. „Außerdem möchte ich deutlich darauf hinweisen, dass ihr alle besser die Finger von solchen Websites lasst. Ich weiß, es ist schwierig, immerhin ist dieses Thema hoch interessant, und es juckt einem förmlich in den Fingern danach zu suchen. Aber bitte, bitte lasst es sein! Ihr geratet schneller da rein, als ihr denkt", berichtet die Bloggerin, welche durch Pro-Ana fast selbst in eine Essstörung gerutscht ist. „Weißt du, was das Trügerische ist? Du glaubst, du bist nicht krank. Man glaubt, man kann jederzeit wieder aufhören und hat die Kontrolle, doch es holt dich immer wieder ein".
Pro-Ana, eine Internetbewegung, welche in Extremfällen, tödlich endet. Harmlos gestaltete Homepages, die in meisten Fällen Mädchen und junge Frauen mit Ana bekannt macht. Doch was kann man tun, wenn man jemanden Betroffen kennt oder selbst betroffen ist? Natürlich gibt es einige Hilfe-Telefone, wie zum Beispiel die ANAD Hilf Stelle (089 219973-99), bei welchen man anonym Fragen stellen oder reden kann. Außerdem gibt es fast überall Therapie-Centren, in denen sowohl bei psychischen als auch physische Problem geholfen wird. Sollte man also selbst von einer Essstörung betroffen sein, oder jemanden kennen, der an einer leidet, sollte man schnellstmöglich Hilfe suchen. Denn umso länger man einer Essstörung leidet, desto schwieriger wird es diese wieder loszubekommen.

Das Thema Essstörung interessiert mich sehr, da ich mich im allgemeinen sehr für psychische Krankheiten interessiere. Meinen Schwerpunkt habe ich jedoch auf das Thema Pro-Ana-Gruppen gelegt, da diese extrem gefährlich sind und viele darüber gar nichts wissen.

 

Quellen
- onlinetagebuch.com/users/sevenheaven/blog/meine-erfahrungen-proana
- http://www.paradisi.de/Health_und_Ernaehrung/Erkrankungen/Magersucht/Forum/28477.php
- https://www.vice.com/de/article/9bmz9e/ich-war-eine-woche-in-einer-pro-ana-whatsapp-gruppe-in-der-magersucht-die-religion-ist-392
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/140901/Pro-Ana-Blogs-Suizid-Boards-und-Foren-zu-selbstverletzendem-Verhalten-Durchbrechen-der-Isolation
- https://www.google.de/amp/s/www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/pro-ana-im-internet-anas-brief-a-489791-amp.html
- https://m.spiegel.de/lebenundlernen/schule/magersucht-2-0-thinderella-aus-dem-netz-a-489275.html

 
4 Kommentar(e)
  1. J.K
    28. November 2019

    Gut recherchiert, hoch interesant, klug geschrieben, einfach gut.
  2. M.h
    2. Dezember 2019

    Sehr spannender Bericht, intressant geschrieben und bringt einem dazu, nochmal über die Magersucht nachzudenken
  3. Alberta & Greta
    2. Dezember 2019

    Sehr gut und ausführlich geschrieben, super!!
  4. Luciena
    26. Februar 2020

    Ausführlich geschrieben und sehr interessant. Ich hoffe ihr werdet keine von den Esssgestörten ;)

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