Tierisch einfach: Unser Selbstexperiment

Klasse 10b (Gymnasium Lütjenburg) 19. November 2019 1 Kommentar(e)

Vegane Lebensweise als Selbstexperiment

Eine Reportage von Milane Czop und Isgard Kraus (10b)

„Ich hätte gerne das Bauernfrühstück, aber ohne Ei und Speck. Ach so, und könnten sie die Kartoffeln bitte in Öl und nicht in Butter anbraten?", irritiert versucht die Kellnerin die Wünsche des Kunden zu erfüllen, denn vom eigentlichen Gericht bleiben gerade einmal die Kartoffeln und einige Gewürze übrig.
Obwohl mittlerweile in Deutschland rund 1,3 Millionen Menschen vegan leben und gesunde Ernährung heute in aller Munde ist, wissen viele nicht, was vegan genau bedeutet. So werden Veganer häufig mit Vorurteilen konfrontiert. Auch in einer Umfrage konnten uns lediglich drei von acht Befragten eine genaue Antwort geben. „Veganismus ist eine Einstellung sowie Lebens- und Ernährungsweise, bei der die Verwertung tierischer Produkte und Ausbeutung der Tiere generell abgelehnt wird", erklärt uns Lucas V., der schon seit über einem Jahr vegan lebt.
Um die Gedanken dieser Menschen, die sich dazu entschlossen haben, in ihrem Alltag auf ihre Ernährung zu achten, besser nachvollziehen zu können, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, eine Woche auf tierische Produkte zu verzichten. Deshalb wagen wir ein Selbstexperiment.

Vor Beginn müssen wir uns zunächst selber darüber informieren, was wir jetzt überhaupt noch essen dürfen und welche Lebensmittel tierische Bestandteile enthalten. Noch während wir unsere Gedanken sammeln und die ersten zu Papier bringen, erwischen wir uns dabei, wie wir automatisch zu den Schokoladenriegeln greifen, die verführerisch in einer Schale auf dem Tisch stehen. Fast gleichzeitig zucken wir zusammen und schauen uns fragend an. Ist das erlaubt? Natürlich nicht, stellen wir enttäuscht fest, die enthaltene Milch steht die kommende Woche nicht auf unserem Speiseplan. Erste Zweifel kommen auf, wie sollen wir die Woche nur ohne Süßigkeiten auskommen?
Doch schon der erste Gang in den Supermarkt belehrt uns eines Besseren. Das vegane Angebot ist inzwischen schon zu einem festen Bestandteil des Sortimentes geworden. Vorher ist uns dies gar nicht so aufgefallen. Doch wenn man jetzt selbst darauf achtet, merkt man erst, wie vielfältig das Angebot wirklich ist. Es gibt eigentlich alles, was das Herz begehrt, vom Brotaufstrich über vegane Ersatzprodukte wie Käse oder Salami bis hin zur veganen Schokolade. Wir waren erleichtert, und sahen der Woche gelassener entgegen.
Laut der Ernährungsorganisation ProVeg wachsen das Sortiment und der Umsatz stetig, ein Rekordjahr löst das nächste ab. Von 2017 bis 2018 sind 960 Millionen Euro mit veganen und vegetarischen Lebensmitteln umgesetzt worden, was einem Umsatzplus von 30 % zum selben Zeitraum des Vorjahres entspricht. Die größten Zuwächse erzielten dabei die Discounter, die ihr Sortiment inzwischen auch auf diese gesundheitsbewusste Zielgruppe ausgeweitet und zugeschnitten haben. Aber nicht nur das Angebot an pflanzlichen Lebensmitteln steigt, sondern auch die Anzahl veganer Kochbücher. Wurden im Jahre 2010 lediglich drei Kochbücher veröffentlicht, stieg die Zahl 2015 auf 119 an, während 2017 sogar 620 vegane Kochbücher erhältlich waren. Dieser starke Anstieg innerhalb weniger Jahre zeigt deutlich, wie groß der Markt und die Nachfrage nach veganen Produkten heute sind.
Aber warum entscheiden sich Menschen überhaupt für eine vegane Lebenseinstellung? In 75 % der Fälle waren Veganer zuvor Vegetarier gewesen und sind dann auf Vegan umgestiegen. Das liegt daran, dass es den meisten Menschen schwer fällt, von heute auf morgen ihre komplette Lebensweise umzustellen. Somit verzichten diese 75 % vorerst nur auf Fleisch und Fisch und später auf alle tierischen Produkte. Dazu gehören auch Kleidung und Möbel, zum Beispiel aus Leder. Zumeist benennen veganlebende Menschen als Grund für ihre Einstellung die Tierethik, die eigene Gesundheit, den Umweltschutz oder die Religion. Im Falle der Tierethik handelt es sich um moralische Fragen, insbesondere steht die Legitimität der Nutzung von Massentierhaltung für menschliche Interessen im Mittelpunkt.
Ein häufig vorkommendes Vorurteil ist, dass Fleisch als Eiweißquelle unentbehrlich sei. Allerdings stecken in vielen pflanzlichen Produkten, wie Hülsenfrüchten, Getreide, Nüssen oder verschiedenen Gemüsesorten, viele Proteine und vor allem Eiweiß. Leistungssportler wie Dirk Nowitzki und Patrik Baboumian ernähren sich vegan und haben eine ausreichende Nährstoffzufuhr durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass zu viel tierisches Protein die Ursache einer Menge gesundheitlicher Schäden, wie Diabetes, Übergewicht, Krebs usw., sein kann.
Ökologische Vorteile der veganen Ernährung werden von den Befürwortern genügend angeführt. Jede Menge Futtermittel sind notwendig, um ein Tierprodukt wie Fleisch, Milch oder Ei zu erhalten, und gerade diese Futtermittel werden von den Tieren größtenteils verstoffwechselt, das heißt in Wärme und Gülle umgewandelt und – zusammen mit vielen klimaschädlichen Gasen – ausgeschieden. Im Endprodukt landen dann nur noch, je nach Tierprodukt, etwa 5–20 % der eingesetzten Futter-Kalorien. So werden aus 15 Kilo Getreide am Ende ein Kilo Fleisch. Zudem kommt es zu einem stark erhöhten Wasserverbrauch, der bei der Erzeugung von Tierprodukten häufig um das 100 bis 1.000-fache höher liegt als bei pflanzlichen Nahrungsmitteln. Um es zu verdeutlichen: Für ein Kilo Kartoffeln werden in etwa 100 Liter Wasser verbraucht, wohingegen rund 15.000 Liter pro Kilo Rindfleisch benötigt werden.
Nicht nur aus diesen Gründen ist der Klimaexperte Prof. Dr. Volker Quasching, Professor für regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wissenschaft Berlin, der Meinung, dass Tierprodukte eine wahre Bedrohung für das ökologische Gleichgewicht seien, da allein der Fleischkonsum für 15 % der CO2-Emissionen verantwortlich ist. „Eine vegane Ernährung ist in der Hinsicht das Beste fürs Klima", ist er sich sicher. Daran sieht man, dass in Wissenschafts-Kreisen die Bedeutung einer veganen Ernährung eindeutig erkannt worden ist.
Aus keinem Lebensbereich sind vegetarische und vegane Speisen heute mehr wegzudenken. Ob Restaurants oder Gemeinschaftsverpflegung in Betriebskantinen oder der Schulmensa, nahezu überall findet sich vegan-vegetarisches Essen. Der vegane Trend macht aber nicht allein bei den Nahrungsmittel halt, sondern erstreckt sich auch auf andere Bereiche des Lebens, wie etwa die Mode oder Kosmetik.

Als Fazit des Selbstversuches halten wir fest, dass es doch gar nicht so schwierig war, sich vegan zu ernähren, allein das große Angebot im Handel tut da das seine. Im Prinzip war es „tierisch" einfach. Auch wenn es vegane Schokolade zu kaufen gibt, notwendig war sie für uns nicht. Als Süßigkeitenersatz dienten uns meistens Obst und Gemüse. Und wir haben gelernt, dass man nicht auf Genuss verzichten muss, wenn man verantwortlich und zukunftsorientiert essen oder leben möchte.

Quellen:

- https://www.bento.de/essen/veganismus-mythen-und-vorurteile-ueber-vegetarier-und-veganer-die-falsch-sind-a-00000000-0003-0001-0000-000001746984
- https://www.peta.de/vegane-ernaehrung-argumente
- https://de.wikipedia.org/wiki/Tierethik
- https://proveg.com/de
- https://www.vegpool.de/magazin/vegan-umweltschutz.html
- https://www.volker-quaschning.de/
- https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/14710-rtkl-ernaehrung-wie-gesund-ist-vegan

 

 
1 Kommentar(e)
  1. Robina
    22. November 2019

    Hey ihr Lieben, mir hat eure Reportage sehr gefallen. Gerade der Anfang ist sehr gut gewählt und lustig umschriebenen. Schade das ihr kein Bild habt, aber sonst habe ich echt nichts dran auszusetzen.

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