Wenn Schüler einmal Chefredakteur wären

Tanja Köhler 4. März 2020
© Frank Peter

Fragen stellen wie Journalisten auf einer Pressekonferenz: Das können die Schüler der Klasse 4b der Goethe-Schule in Kiel zweifelsfrei. Vor allem, wenn es um das Medienangebot der Kieler Nachrichten geht. Denn in den vergangenen Wochen haben die Schüler sich im Unterricht von Schulleiterin Martina Holst und über das MiSch-Projekt (Medien in der Schule) intensiv mit Journalismus, der Zeitung, dem ePaper und einzelnen Themen befasst.

45 Minuten Fragen am Stück

Von Nachrichtenentstehung bis zur Gewichtung der einzelnen Inhalte - alles wurde in der Schulstunde hinterfragt, in der Tanja Köhler, Mitglied der Chefredaktion, zu Besuch war. Jannes (10) etwa wollte wissen, woher Journalisten ihre Informationen beziehen. "Unsere Reporter sind gut vernetzt, hören deshalb viel, fragen bei den Verantwortlichen nach und schreiben dann darüber. Es kommt aber auch vor, dass Behörden und Organisationen von sich aus über etwas informieren - und wir das als Anlass für einen Bericht nehmen."

Lea (10) interessierte hingegen, ob die Produktion für die Sonnabendausgabe länger dauere, da die Zeitung an dem Tag mehr Umfang hätte. "Nein, die Lokalteile geben ihre Seiten sogar eher ab, da der Andruck früher ist." Und Tiago (10) wollte in Erfahrung bringen, warum Artikel bebildert werden. "Weil auch Fotos Nachrichten transportieren und die Zeitung sonst wie ein Buch sehr textlastig wäre. Auch benötigen wir für jeden unserer Online-Artikel ein Bild."

Daran knüpfte Mads (10) mit seiner Frage an: "Wie unterscheiden sich eigentlich Online und Print?" In Formaten und Inhalten, lautete die Antwort. Ein Liveblog, der minutiös über den Verlauf einer Demo oder einer Bombenentschärfung informiert, könne in der Zeitung schwer abgebildet werden. Auch Videos, interaktive Karten und Grafiken seien nicht druckbar. Diese Inhalte gibt es nur auf KN-online.

Schüler würden die Themen anders gewichten

Wenn es um Ressorts geht, hat die lesebegeisterte Schulklasse, die beim Kieler Lesesprotten-Preis mitgemacht hat und den Büchertürme-Preis fürs Viellesen gewonnen hat, klare Vorlieben: Nachrichten aus den Bereichen Sport, Panorama, Schleswig-Holstein und Kiel interessieren sie am meisten, Politik, Wirtschaft und Kultur eher weniger.

Wenn sie entscheiden dürften, würden sie die Nachrichten aber anders gewichten: Mehr Berichte über Tierheime und Tierschutz fordern etwa Franziska und Anastasia (beide 10). Carlotta (9) würde unter Panorama mehr Berichte über prominente Sänger platzieren und Henri (9) in der gesamten Ausgabe mehr Nachrichten über Umweltverschmutzung.

Lea (10) und andere Mitschüler wünschen sich hingegen mehr Artikel über den Coronavirus. Vor allem die Serviceseiten seien interessant, so der Tenor. Dafür könne man an anderer Stelle auch Inhalte weglassen. Auf Todesanzeigen und Berichte über Straftaten könnte der Großteil der Klasse verzichten. "Das ist alles gruselig", bringt es Norma (10) auf den Punkt. Weniger Berichte über Landwirtschaft lesen möchte hingegen Enie (9).

Mats (10) brachte zum Abschluss noch einen praktischen Vorschlag: "Man könnte die wöchentlich erscheinende TV-Zeitungsbeilage abschaffen", sagte er. Das dopple sich schließlich mit der täglichen Zeitungsseite. Wäre er Chefredakteur der Kieler Nachrichten, könnte er mit dem Vorschlag sicherlich zum Geschäftsführer gehen. Doch bis es so weit ist, muss er wie alle anderen seiner Klassenkameraden noch ein paar Jahre zur Schule gehen.

 
Dieser Eintrag hat bisher keine Kommentare

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert