Die stillen Leiden unserer alltäglichen Begleiter

Mailin Ventjeer, Klasse 8a, Ricarda-Huch-Schule Kiel 20. November 2020

Kiel. Es ist stockfinster und es stinkt in dem Kellerloch, wo Lilli den Tag verbringt. Ihr Frauchen liegt oben zwischen meterhohen Müllbergen und schläft. So geht das schon seit einiger Zeit. Die Katze bekommt zwar immer wieder frisches Fressen hingestellt, doch an ein Katzenklo oder gar ein gemütliches, sauberes Schlafplätzchen ist nicht zu denken. Doch eines Tages bekommt ihr Frauchen Hilfe von Pflegerinnen, die sie im Haushalt unterstützen. Lilli traut allerdings keinem Zweibeiner, noch nicht mal ihrer Besitzerin. So wie jedes Tier kann sie nicht zeigen, wie sehr sie innerlich in diesem Messihaushalt leidet.

Auch wenn es schwer zu sagen ist, aber schätzungsweise gibt es circa drei Millionen Messiehaushalte in Deutschland. Auch Animal Hoarding ist eine bekannte Form davon. Da werden dann mehrere Tiere, häufig auch von derselben Art, in einem dafür zu kleinen Haushalt gehalten. Das Problem liegt darin, dass das Geld und die Zeit der Besitzer meist nicht ausreichen. Solche Personen haben dann meist aber auch psychische Störungen beziehungsweise Probleme.

In Deutschland gibt es insgesamt rund 34,3 Millionen Haustiere. Davon 10,1 Millionen Hunde und 14,7 Millionen Katzen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete 2016, dass jährlich circa 80.000 Hunde und 130.000 Katzen in deutschen Tierheimen abgegeben werden. Mehr als 500.000 Haustiere werden allerdings auch jährlich deutschlandweit einfach ausgesetzt. Häufig sind das Familien, welche ihre Haustiere einfach aufgeben. Oft aufgrund von Zeitmangel oder Ahnungslosig oder Hilflosigkeit. In Zeiten von Corona vervielfachen sich vermutlich noch die oben genannten Zahlen.

Bei Lilli hatte das Frauchen allerdings erst einmal andere zu klärende Probleme, wobei sie dann ihre Katze einfach missachtet hat. Solch ein Fall tritt häufig auf, gerade bei Personen, die alleine leben und bei denen sich keiner um den Haushalt und die vierbeinigen Bewohner kümmern kann. So kommt es häufig dazu, dass unsere Lieblinge nur unbemerkt leiden. Denn sie können ihre inneren und äußeren Schmerzen nicht zeigen. Selbst wenn jemand Zeit und einen freien Kopf für ein Tier hat, kann es trotzdem vorkommen, dass inneres wie auch äußeres Leiden nicht entdeckt werden. Auch in einer Familie ohne Probleme können somit die Leiden eines Tieres nicht unbedingt gesehen werden. Dies führt dann dazu, dass die Halter der Tiere natürlich nichts unternehmen.

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb unsere Haustiere leiden. Manchmal sind es einfach zu verändernde Ursachen, wie zum Beispiel die mangelnde Aufmerksamkeit oder fehlende Beschäftigung. Manchmal sind es aber auch nicht erkennbare innere Schmerzen, und damit sind nicht nur körperliche, sondern auch geistige gemeint.

Zum Glück wurde Katze Lilli aber nach einiger Zeit gefunden und in das Tierheim Uhlenkrog hier in Kiel gebracht. Doch auch diese Zwischenzeit, wo die Tiere alleine in ihrem verdreckten Zuhause meist ohne Nahrung sitzen, kann lange dauern. Wenn Sie also das Gefühl haben, ein Tier sei irgendwo zurückgelassen worden, melden Sie sich doch gerne bei dem umliegenden Tierheim oder auch bei der Polizei. Manchmal lohnt sich sogar ein Kontaktaufnahme mit dem Veterinäramt. Sie brauchen dann auch meistens nicht in Kontakt mit dem Tier zu treten. Aber telefonieren und gegebenenfallls ein paar Fragen zu beantworten, das kann doch eigentlich jeder. Denn wenn man wegschaut, kann man sich nach wenigen Tagen vielleicht sogar vorwerfen: ich habe ein Tier umgebracht, weil ich untätig und es missachtet habe.

Tiere, die es dann in den Tierschutz geschafft haben, haben meistens auch keine rosige Vergangenheit, sonst wären sie nicht dort gelandet. Nimmt man ein solches Tier auf, sollte man erst recht ein wenig Ahnung, Zeit und Geduld mitbringen. Versetzen Sie sich einmal in die Lage eines misshandelten Tieres: Wollen sie alle fünf Monate umziehen, wenn sie an einem Trauma litten und nun weiterhin von niemandem verstanden werden? Ich denke, eher nicht. Man sollte diesen Tieren erst recht das Gefühl von Geborgenheit und Verständnis geben. Deshalb: Wenn Sie einem Tier aus dem Tierschutz ein neues Zuhause geben wollen, dann machen Sie sich in Ruhe Gedanken und besprechen es am besten auch mit dem Vermittler.

Lilli brauchte Wochen, bis sie sich an das zwischenzeitliche Unterkommen im Tierhiem gewöhnt hatte. Immer verkroch sie sich in der letzten Ecke in ihren Decken und anfassen konnte man sie erst recht nicht. Doch dort hatte sie Zeit, ihre traumatischen Erinnerungen zu überwinden und endlich lebte sie wieder in Sauberkeit. Denn Katzen sind sehr reine Tiere. Ich denke, das war für sie ein wahrer Albtraum, in dem Besitz ihrer unter dem "Messie-Syndrom" leidenden Besitzerin zu leben. Inzwischen hat sie aber wieder ein glückliches Zuhause gefunden. Es bleibt zu hoffen, dass sie dort auch bis an ihr Lebensende ein freies und glückliches Leben führen kann.

Das Geschenk an ein Tier, wie zum Beispiel Lilli, ein neues Zuhause zu bekommen, ist aktuell, insbesondere im Frühjahr, zum Glück nicht selten. Aufgrund des Corona-Lockdowns vor circa einem halben Jahr haben sich viele Menschen dazu entschlossen, ein neues Familienmitglied aufzunehmen. So hatte das Tierheim Uhlenkrog auf einmal erstaunlich viele Anfragen für den Kauf eines Haustieres. "Diese Anfragen waren oft eher unüberlegt", berichtet das Tierheim Uhlenkrog. Doch das dortige Team hat dementsprechend überlegt gehandelt. Alle Interessenten seien freundlich und ausführlich über die Bedürnisse der jeweiligen Tierart beraten worden. So konnte man unüberlegte Kaufversuche vermeiden.

Häufig wünschen sich auch Kinder einen seelischen Begleiter. Doch Kinder können keine alleinige Verantwortung für ein Tier übernehmen und den Eltern ist dies manchmal gar nicht bewusst. Das Problem liegt darin, dass die Menschen sich aufgrund von Langeweile und mangelnder Beschäftigungsmöglichkeiten ein Tier anschaffen wollen. Doch schon beim Kauf geht das Problem los. Viele neue Tierliebhaber haben keine Ahnung von den Bedürfnissen ihrer neuen Schützlinge, schauen sich um, landen dann zunächst häufig auf unseriösen Seiten im Internet und sehen nur die süßen Welpenfotos. Sie wissen aber vielleicht gar nicht, dass diese aus illegalen Welpenmafias stammen und absolut nicht artgerecht behandelt wurden.

Meist leiden diese Welpen unter der fasst unheilbaren Krankheit Parvovirose. Diese ist für den Menschen zwar ungefährlich und meistens kaum spürbar, doch bei Tieren, häufig Hunde, kann diese zum Tode führen. Sie tritt oft bei Welpen aus dem illegalen Handel auf, da diese in der Regel nicht geimpft und artgerecht versorgt wurden. Häufig werden sie auch viel zu früh von ihren Müttern getrennt und auf dramatischen Wegen zunächst aus Osteuropa nach ganz Deutschland verteilt.

In Deutschland gelangen sie dann meist an ahnungslose Familien, welche sich über die billigen Schnäppchen freuen. Doch Probleme wie Krankheiten oder Verhaltensstörungen treten dann schon nach wenigen Tagen bei den kleinen Welpen in deren neuem Zuhause auf. Die Besitzer sind schnell überfordert und bringen ihre gerade frisch ins Herz geschlossenen Lieblinge in das Tierheim oder bringen sie auf anderen, teils sehr brutalen oder mysteriösen Wegen aus dem Haus.

Trifft es das Tier dann gut und es landet im Tierheim, wird es in der aktuellen Corona-Zeit dort nicht lange bleiben. So beginnt dann der Kreislauf von vorn und es kann theoretisch dazu kommen, dass das Tier nie ein glückliches Zuhause findet und unter dem Eindruck traumatischer Erlebnisse aus der Vergangenheit immer wieder neu umzieht und nie verstanden wird. Manche Tiere haben dann den Mut, die innere Enttäuschung und Aggression zu zeigen, sodass dies zum Beispiel in Aggressionsverhalten ausstrahlt. Doch dann heißt es meistens: Mein Tier ist der letzte Dreck und kann sich einfach nicht mehr normal zeigen! Die Besitzer reagieren darauf noch aggressiver und versuchen mit ahnungslos dem Tier klarzumachen, dass das so nicht gehe. Manche Tiere weinen dann innerlich vor Verzweiflung, doch manche werden so noch aggressiver und so nimmt das aggressive Elend, sowohl beim Tier als auch beim Menschen nie ein Ende.

Wenn Sie einmal einen Spaziergang am Nachmittag durch einen Park unternehmen, dann wird Ihnen auffallen, dass viele Hundebesitzer nicht fair gegenüber dem Hund sind. Ich war schon öfters kurz davor, die Besitzer ganz offen darauf anzusprechen, habe es am Ende dann allerdings doch bleiben lassen, weil die Aggression sich bei den Besitzern dann nur noch mehr anstaut. Und wer kriegt es am Ende wieder ab? Der Hund!

Das Problem verursacht meistens der Mensch und nicht das Tier. Das Tier muss unsere Probleme aussitzen. Wenn man psychisch oder körperlich nicht dazu in der Lage ist, ein Tier aufzunehmen, dann sollte man sich erst einmal um seine eigenen Probleme kümmern. Auch wenn ein treuer tierischer Begleiter uns durch alle Lebenslagen emotional helfen kann.

 
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