„Euphoria“: Die Realität der heutigen Jugend?

Neele Am Wege, Gymnasium Lütjenburg, WPU Medienpraxis 16. November 2020 2 Kommentar(e)
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Rezension
Nur wenige Serien haben so schnell eine solche Popularität unter Jugendlichen erreicht, wie Sam Levinsons HBO (Home Box Office) Teenager-Drama Euphoria. Die Serie zeigt den Zuschauern einen faszinierenden achtstündigen Rauschtripp in eine andere Welt, welche durch eindrucksstarke Optik begleitet und unterstrichen wird; wie ein nie endendes Musikvideo von Labrinths Soundtrack Euphoria. Die Serie ist geprägt durch die kleine Gruppe an Highschool-Schülern, deren Beziehung zueinander bis zum Schluss unklar bleibt und die im Laufe der acht Episoden mit komplexen mentalen, sozialen und alltäglichen Problemen eines jeden Jugendlichen zu kämpfen haben. Zwischen emotionalen und mitreißenden Momenten kommen Themen wie Drogen, Sex, Pornographie, Gewalt und Beziehungen hier auf keinen Fall zu kurz.
Jugendschutzcode eingegeben und schon flimmern die ersten beunruhigenden Szenen des Pilots der Serie auf dem Bildschirm auf. Die 17-Jährige Rue Bennet (gespielt von Emmy Award Gewinnern Zendaya), die den Zuschauer von Szene zu Szene mithilfe eines Voiceovers führt, erzählt, wie sie ihre letzten glücklichen Momente im Bauch ihrer Mutter verbrachte, bevor sie dann den Kampf der Geburt aufgab. Doch dies soll nicht der letzte verlorene Kampf in ihrem Leben bleiben, denn direkt darauf folgen einige traumatische und prägende Erlebnisse von Rues Kindheit, bis hin zu ihrer frühen Jugend. Bei diesem Flashback liegt der Fokus speziell auf ihren mentalen Problemen wie Depressionen und bipolaren Störungen, die durch die Serie hinweg eine sehr große Rolle spielen.
Diese Probleme sind nun auch der Grund für ihre Rückkehr aus einer Entzugsanstalt, in die sie aufgrund ihres Drogenproblems eingewiesen wurde. Der Gedanke, ihren Drogenkonsum nun abzuschreiben, schwebt ihr aber nicht mal im Traum vor und daher geht es genauso weiter wie vorher, von einem High zum nächsten.
Eine solche Offenheit und Veranschaulichung gegenüber dem Thema Drogen hat noch kaum eine Teenager-Serie zu Tage gebracht und ist auch genau der Grund, weshalb sie bei Jugendlichen so gut ankommt. Hiermit soll laut dem Regisseur Levinson gezeigt werden, wie einfach es in den USA ist, als Teenager an Schmerzmittel aller Art zu kommen.
Viele denken, dass hauptsächlich amerikanische Teenager mit dem Thema, durch die herrschende Opoid-Krise, vertraut sind. In Deutschland sind Themen, wie Schmerzmittel Sucht unter Jugendlichen vielleicht nicht so verbreitet, jedoch auch öfter vertreten, als man denkt. Wie auch in Euphoria ist diese Sucht öfter von Mentalen Krankheiten ausgelöst, als nicht. Man kann hier auch viele Parallelen im echten Leben zu der Serie erkennen, da Jugendliche durch den Schmerzmittel Missbrauch oft versuchen der Realität zu entfliehen. Risiken, wie sie in Euphoria gezeigt werden, werden von Jugendlichen oft unterschätzt und Schmerzmittel zu einer Art „Lifestyle-Droge" gemacht. Doch dies ist nicht der einzige Aspekt, weshalb Euphoria für viele viel näher an die Realität kommt, als gewollt. Die Repräsentation sämtlicher mentalen Krankheiten, die oft Hand in Hand mit dem Alter, in dem man sich befindet gehen, ist hier sehr gut und realistisch gelungen.
Sexualität, Geschlecht und Diversität fühlen sich nicht gezwungen an, sondern kommen komplett selbstverständlich und flüssig rüber. Ein faszinierender Aspekt der Serie ist ebenfalls, dass Jules Transsexualität weder erwähnt, noch besprochen wird und nur für die Zuschauer durch Szenen, in denen sie sich Hormone spritzt, klargemacht werden. Dadurch wird auch dieses Thema um ein Vielfaches normalisiert.
Sam Levinson will jedoch keine Aufmerksamkeit durch gezielte Marketingmaschen wie „offen und absichtlichen extrem anschauliche Inhalte", die sich speziell an Kinder und Teenager richte, wie der US-Amerikanische Parents Television Council ihm unterstelle. Er wolle nur über diese Themen aufklären und tatsächlich liege der Fokus auf genau diesen Themen, da sie alle ein großer Teil des tatsächlichen Lebens der Generation Z ist und hier auch unzensiert und brutal auf die Zielgruppe trifft.
Im Lauf der Serie trifft Rue auf die glücklich und selbstbewusst wirkende Jules (gespielt von Hunter Schafer), die Charakterzüge hat, zu denen sich Rue sehr hingezogen fühlt. Zischen den beiden entwickelt sich eine enge Beziehung, bei der die Linie zwischen platonischer und romantischer Liebe oft verwischt. Rue findet in Jules eine neue, ganz persönliche, unberechenbare Sucht, für die sie alle anderen Drogen liegen lässt. Jedoch ist es sehr schwer zwischen Partys und dem normalen Rausch des Lebens weiterhin nüchtern zu bleiben. Einen großen Teil hres Erfolges, nüchtern zu bleiben, verdankt sie jedoch ihrem Freund und Drogendealer Fez selbst (gespielt von Angus Cloud), der den Verkauf an Rue einstellt, da er sich Sorgen um ihre Gesundheit macht. Er wurde nicht gecasted, sondern auf der Straße entdeckt und legte überraschenderweise mit Euphoria ein überragendes Schauspieldebüt hin.
Doch auch die anderen Charaktere der Serie haben Probleme, mit dessen Folgen sie stark zu kämpfen haben. Zum Beispiel kämpft Kat (gespielt von Barbie Ferreira) zuerst damit, dass sie in ihrer Freundesgruppe untergeht und nur als das typische „fette Mädchen ohne Persönlichkeit" abgestempelt wird. Dies ändert sich zum Schluss der Serie aber und keiner der Charaktere könnte mehr vor Individualität schreien als sie. Die offene und selbstbewusste Maddy (gespielt von Alexa Demie) steckt in einer toxischen und missbräuchlichen Beziehung mit Quarterback Nate (Jacob Elordi). Und so kämpft sich die kleine Gruppe Jugendlicher von Folge zu Folge, ohne je langweilig zu werden.
Durch den großen Einfluss von Drogen in der Serie prägen diese ebenfalls die Aufnahmen und den faszinierenden Eindruck dieser, da einige Szenen oft überbelichtet, gedreht und leicht unklar sind, was den Konsum, durch bildliche Darstellung, dem Zuschauer näher bringen soll.
Gegenüber diesem Aspekt spielt das Make-up der ProtagonistInnen ebenfalls eine große Rolle. Make-up Artist Doniella Davy erzählt, dass das Makeup hilft, die Charaktere auf einem tieferen Level zu verstehen, da durch dieses die jeweilige Stimmung und Emotion des Charakters in einer Szene herübergebracht wird. Ebenfalls merkt Davy an, dass es ihr wichtig war, dass nie Kommentare oder Anmerkungen über das extravagante Make-up der DarstellerInnen fallen. Hiermit soll den Zuschauern Mut zum Anders- und Individuellsein zugesprochen werden. Dies und der außergewöhnliche, jedoch situationsangepasste Style der Charaktere zieht die jugendliche Zielgruppe besonders an.
Euphoria ist eine sehr eindrucksstarke und gedankenanregende Serie, die die Generation Z so echt, wie es noch keine andere Serie jemals getan hat, darstellt. Ihre Offenheit, Diversität und der Mut, so viele schwierige Themen anzusprechen und näher zu bringen, ist beeindruckend. Und ganz abgesehen von der Handlung der Serie ist die visuelle Darstellung faszinierend und sehr schön anzusehen. Im Ganzen ist die Serie besonders interessant für Jugendliche und für die, die sich für die Probleme der Jugendlichen interessieren. Man kann sich gut in die Personen einfühlen und es wirkt fast, als wenn man Teil der Gruppe und nicht nur Zuschauer ist. Jedoch sollte man gerade durch diese Themen die Serie nur schauen, wenn man über 16 Jahre alt ist und mit den darin vorkommenden Inhalten umgehen kann.

 
2 Kommentar(e)
  1. Magdalena
    19. November 2020

    Wow. Ich selber hab die diese Serie noch nicht geschaut. Werde es nun aber wohl doch tuen.
  2. pinkpanda83
    25. November 2020

    Deine Rezension hat mich tatsächlich nachgucken lassen, wo man die Serie schauen kann. Bin jetzt schon gefesselt und freue mich auf weitere Folgen xD

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