Geisternetze - die Bedrohung der Meere?

Arvin Melzer 18. November 2020
3 bis 4 Tonnen wiegendes Geisternetz vor Warnemünde © Christian Howe

Geisternetze-die Bedrohung der Meere?

30-50% des Plastikmülls in den Ozeanen sind Geisternetze und das hat schlimme Folgen für die Meeresbewohner

Kiel. Es ist ein kalter Herbsttag. Das Wasser der Förde liegt glatt vor mir. Zwei Menschen sind trotz der Kälte noch im Wasser. Und dort am Strand, nah am Wasser, liegt eine alte kaputte Transportbox und in ihr ein zerrissenes Fischernetz.

Diese alten Fischernetze nennt man auch Geisternetze. Sie stellen 30 bis 50 Prozent des gesamten Plastikmülls im Meer dar. Sie schwimmen führerlos im Meer herum und fangen an der Oberfläche oder am Grund ungehindert alle Tiere ein, die dann verhungern oder ersticken. Es wurden zum Beispiel gestrandete Wale gefunden mit den Bäuchen voll Netzen. Sie zerstören außerdem Korallenriffe und wühlen den Meeresboden auf.
"Es gibt zwei Arten von Fischernetzen", erzählt mir Andrea Stolte vom WWF. Sie kümmert sich mit ihren Kollegen um die Beseitigung der Geisternetze aus Nord- und Ostsee. "Sie unterscheiden sich zwischen den Stellnetzen und den Schleppnetzen. Stellnetze sind bis zu 2500 Meter lang und werden in den Meeren senkrecht aufgestellt. Schleppnetze werden an große Schiffe angehängt und so durch die Gewässer gezogen."

Die meist gefundenen Netze sind durch Stürme oder im Winter durch Eis abgerissen worden. Doch Stellnetze werden auch oft aus versehen von dem Kiel anderer Boote zerrissen, die dort durchs Wasser fahren. Die meisten Fischernetze werden nämlich meistens nicht mit Absicht ins Meer geworfen, da ein solcher Verlust teuer ist und das Fanggebiet schädigt. Ein Netz kann von 1.000 bis 20.000 Euro kosten.

Die meisten Geisternetze in der Ostsee stammen aus der damaligen DDR.
Das Meer war damals ein großer Müllplatz und man wusste leider noch nicht, was man damit für einen Schaden anrichtet. Neuerdings gibt es auch sogenannte Sammelbojen. Diese werden ausgesetzt, um eine ganz bestimmte Fischsorte anzulocken und zu fangen, aber leider werden auch andere Tierarten abgefischt und müssen sterben.

Das zweite Problem neben dem, dass viele Tiere den Müll mit Nahrung verwechseln, ist, dass es auch Vögel wie Kormorane gibt, die abgeriebene Teile der Netze aus dem Meer picken und zum Nestbau benutzen. Beim Versuch, die Netzteile aus dem Meer zu holen, verfangen sich viele Vögel und strangulieren sich in ihnen. Über diesen Luftweg kommt der Müll aber auch wieder zu uns an Land und verstärkt die Umweltverschmutzung.

Doch gibt es nicht eine Alternative zu den Plastiknetzen? "Man könnte andere Bio-Netze benutzen, die würden aber wegen dem Salzwasser nicht lange halten und sich schnell zersetzen oder zerrissen werden", sagt Andrea Stolte. "Doch wenn wir weiterhin die alten Netze aus den Meeren bergen und die Fischer, falls sie ein Netz verlieren sollten, es dem WWF melden oder den Standort des Netzes auf einer "Geistertaucher-App" angeben, könnten wir in 30 Jahren die Ostsee von den Geisternetzen befreit haben."

Der WWF in Mecklenburg-Vorpommern sucht neuerdings auch mit einem Sonargerät, welches das Finden der Netze stark vereinfacht, da man mit ihnen unter Wasser 50 Meter weit sehen kann und mit einer normalen Kamera nur fünf Meter. Ein Sonargerät funktioniert wie das Echolot eines Wales. Sie geben klickende Laute von sich, diese prallen gegen Hindernisse und die Wale fangen das Echo wieder auf. So erstellen sie sich ein Bild von ihrer Umgebung und können sehen, wo sie lang schwimmen, wo es Nahrung oder, in diesem Fall, ein Geisternetz gibt. Schleswig-Holstein hat vor 2 Monaten auch angefangen mit dem Sonargerät zu tauchen.

 

 
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