"Trikottaschen, Getränkekisten, Stadionjacken, Leibchen, Fußballschuhe. Fertig", zufrieden hakt Tim Petersen auch den letzten Punkt auf der Liste ab und schließt die Gepäckklappe des Reisebusses. Fast eine dreiviertel Tonne Zubehör hat der Betreuer von Holstein Kiel gerade verladen. Morgen geht es für die Mannschaft zum Auswärtsspiel nach Hamburg. Da darf nichts fehlen.
Tim Petersen ist seit neun Jahren Zeugwart beim Fußballverein Holstein Kiel. "Zeugwart", dieser Begriff ist etwas altmodisch. Tim Petersen nennt sich lieber Team-Betreuer. Die Tätigkeit ist jedoch identisch. Laut Internet-Lexikon Wikipedia ist der Zeugwart „für die Versorgung rund um Spieler und Trainer zuständig". Das ist Tim Petersen definitiv. Er kümmert sich an Trainingstagen, bei Heimspielen, bei Auswärtsspielen und in Trainingslagern um alles rund um die Mannschaft. Das bedeutet, dass er an normalen Wochentagen für die Trainingsvor- und Nachbereitung zuständig ist: „Ich kümmere mich darum, dass immer alles da ist, von Leibchen und Hütchen über Getränke und Bällen bis hin zum Eis für das Kühlen von Verletzungen", berichtet der 56-Jährige.
Wichtig sind natürlich auch die Trainingsklamotten der Spieler. „Die werden hier im Nachwuchsleistungszentrum in Projensdorf täglich gewaschen und ich verteile sie dann auf die Plätze in der Kabine", erzählt Tim Petersen. Die Spieler müssen also keine schmutzigen Trikots, Hosen und Stutzen waschen. Aber was ist mit den Fußballschuhen? „Um die kümmert sich jeder selbst", verrät der Team-Betreuer. „Ich packe die nur vor den Heimspielen auf die jeweiligen Plätze im Stadion und bei Auswärtsspielen in die dortige Kabine."
Seit neun Jahren ist Tim Petersen jetzt schon ein Teil der Holstein-Crew. Angefangen hat er bei der U19. Dann wurde der damalige Betreuer der ersten Mannschaft krank und Tim Petersen sollte als Vertretung mit ins Trainingslager in die Türkei fliegen. Von da an hatte er den Job. Eine Ausbildung gibt es dafür nicht: „Ich wurde ins kalte Wasser geworfen." Am Anfang, so erzählt Petersen, war es schon eine Umstellung von der U19 zur Profi-Mannschaft: „Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob du mit der U19 mit fünf Körben Wäsche und einer Blechkiste zu Spielen fährst oder bei den Profis mit einer dreiviertel Tonne Gepäck, wie nun zum Spiel nach Hamburg."
Dann kann es schon mal passieren, dass etwas in Kiel vergessen wird. „Tatsächlich habe ich mal das Trikot eines Spielers vergessen, den ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte", berichtet Tim Petersen schmunzelnd. „Wir haben dann einfach ein anderes Trikot genommen, den Namen überklebt und mit Tape die richtige Nummer hingebastelt." Der Team-Betreuer könnte sicher noch so manche andere lustige Geschichte von hinter den Kulissen erzählen, doch die Privatsphäre der Spieler ist ihm wichtig. Er schweigt und grinst. Dann verrät er doch noch etwas: "Ich bin für einen Haufen von 30 Jungs verantwortlich, von denen jeder speziell ist. Der eine ist etwas vergesslich, der andere hat diese oder jene Macke." Kein Wunder, dass er sich wie eine Art Mutti für die Mannschaft fühlt. „Manchmal sagen wir im Spaß, dass die Jungs eine Kindergartengruppe sind, die sich am besten zu zweit an die Hand nehmen", sagt Petersen und lacht.
Man merkt dem 56-Jährigen an, dass er seinen Job liebt. Die Belohnung einer anstrengenden Arbeitswoche ist für den Team-Betreuer von Holstein das Spiel am Wochenende. „So ein Spiel ist gerade mit vielen Zuschauern ein echtes Highlight. Besonders wenn es große Stadien sind, wie in Hamburg, Dortmund oder Stuttgart. Dort herrscht eine Wahnsinns-Atmosphäre und es sind viele Emotionen dabei", schwärmt Tim Petersen.
Aber nicht nur die Stimmung bleibt ihm aus großen Stadien in Erinnerung. Besonders beeindruckt ist Petersen immer noch von den Umkleiden in der Allianz-Arena: „Da waren wir ja vor Jahren in der Relegation gegen 1860. Da hatte Bayern München eine eigene Heimkabine, 1860 hatte eine eigene Kabine und die Gäste von Bayern und 1860 hatten jeweils auch noch eigene Kabinen. Und alle waren top ausgestattet mit Entmüdungsbecken und vielem mehr. Also, das war einfach gigantisch!"
Tim Petersen hat in den neun Jahren bei Holstein Kiel schon sehr viel erlebt, für den absoluten Höhepunkt in der letzten Saison hat es leider nicht gereicht: „Den Aufstieg in die Bundesliga hätte ich gerne erlebt. Wir haben zwar im Pokal schon gegen Bayern und Dortmund gespielt, aber Bundesliga jede Woche, das wäre schon was gewesen! Also da sind wir schon echt traurig, dass das nicht funktioniert hat."
Ein Zeugwart, ein Team-Betreuer, eine Fußball-Mutti mit Leib und Seele, das ist Tim Petersen wirklich. Das ist deutlich im Gespräch mit ihm zu merken und das weiß er auch selbst: „Für diesen Job braucht man eine Fußball-Klatsche. Und die habe ich. Definitiv!"
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