Künstler in der Pandemie

Finn Gaidosch, Vincent von eye, 9c, mps Kiel 19. November 2021 1 Kommentar(e)
© Jeff de Fire

Wie die Gastronomen oder die Hotels durch die Krise gekommen sind wissen wir ja alle, doch wie sind die Zauberer eigentlich durch die Krise gekommen? Hier erfahren Sie es.

 

Zur Person: Jeff de Fire ist ein Zauberkünstler in Kiel. Er ist Mitglied vom magischen Zirkel in Deutschland, führt eine Zauberschule in Kiel und bietet Auftritte auf Feiern und Shows an. Außerdem führten ihn seine Auftritte in die Schweiz, nach Österreich, England, Thailand und Südkorea, wobei er da auch Kontakt zu Showgrößen wie den Ehrlich Brothers und Hans Klok bekam.

Interview

Mussten Sie alle Shows während des Lockdowns absagen oder konnten Sie ein paar durchführen?

Ich musste alles absagen. Wegen des Kontaktverbotes durfte sich nur ein Haushalt treffen und Shows kann man natürlich nicht in so einem kleinem Rahmen durchführen. Natürlich könnte man z.B. einen Kindergeburtstag machen, aber das ist ja auch nicht mehr das gleiche. Deshalb war alles abgesagt. Aber die Leute haben sich teilweise wieder gemeldet für Nachholtermine. Ich war neulich auf der Freya, das ist ein Dampfschiff hier, da hat eine Firma ihre Feier nachgeholt. Vor Corona gebucht - jetzt nachgeholt. Das fand ich sehr nett. Und so läuft das öfter.

Sind sie online aktiver geworden während des Lockdowns?

Ich bin kein Youtuber, aber ich habe Wochenzauber ins Leben gerufen. Das war jeden Donnerstag um 18:00. Ein kurzer Zaubertrick in Form eines Clips, mit In- und Outro, schön aufgemacht. Ich habe mir zuhause eine Räumlichkeit dafür eingerichtet und ein bisschen Equipment gekauft: Ein Lavalier-Mikrofon, eine Kamera, Lichter und einen Hintergrund. Bis zur Sommerpause habe ich dann ca. 50 Videos gedreht. Die findet man nach wie vor auch kostenfrei auf meiner Internetseite unter "Wochenzauber", auf TikTok, Instagram und YouTube. Ich habe auch hier und da eine Buchung gehabt und eine Online-Show gemacht. Zum Beispiel auch im Rahmen einer Veranstaltung wie "Tanz in den Mai". Dabei hat eine Partei einen Tanz in den Mai dargestellt. Ich war mit dabei und habe einen Teil meiner Show gezeigt - kam auch sehr gut an! Dann hat mich in Eckernförde eine Art Jugendtreff "Das Haus" gebucht. Sie haben einen Stream erstellt, worin ich eine ganze Show gezeigt habe. Aber insgesamt war es wenig. Denn Online ist und bleibt Online, der Bedarf ist einfach nicht da. Die Leute wollen Liveshows, echt und in Farbe sehen. Wenn ich dir jetzt hier was zeige, dann glaubst du es viel eher, als wenn du es im Internet siehst. Ich erreiche euch so viel mehr und das wollen die Leute nach wie vor.

Nachdem Sie eben von 50 Videos geredet haben, da wundere ich mich, wie sie und auch andere Zauberer sich immer wieder neue Tricks ausdenken?

Ich habe bewusst Sachen genommen, die ich nicht im Programm habe. Ich versuche immer, kreativ zu sein und zusätzlich auch etwas zu machen, das Zauberer eventuell täuschen könnte. Denn in der Zauberszene, allgemein auch bei YouTube und bei Facebook hat man eine Riesencommunity und dementsprechend habe ich auch viele Zauberkünstler, die zuschauen und da möchte ich auch ein bisschen kreativ sein und versuchen sie zu täuschen. Ein Beispiel: Es gibt dieses Klischee, überhaupt Künstler zu sein, sei eine brotlose Kunst. Eigentlich ist das nicht so, deshalb habe ich mir überlegt: Wie kann ich aus einem Teigkügelchen ein Baguette zaubern? Klar wurde man im Internet angeregt. Es gab auch schon mal einen Asiaten, der aus seiner Hand ein Baguette gezaubert hat. Man läßt sich zwar von Kollegen inspirieren, aber ich denke sehr viel darüber nach, wie man Ideen realisieren kann. Ich überlege mir was, das genial wäre, wenn man es machen könnte, und dann überlege ich, wie setze ich das um, damit es so aussieht wie Zauberkunst.

Wie hat der Lockdown auf sie gewirkt? Wie war er zu handhaben?

Zuerst wollte ich es nicht richtig glauben und hatte gedacht, dass es schnell vorbeigeht. Aber nach einigen Wochen habe ich gemerkt, das dauert länger und wir müssen eventuell noch länger damit leben. Und nochmal zur Handhabung: Es gab Hilfen, ich habe übers Steuerbüro die Gelder vom Staat beantragt, die möglich waren und die haben mich auch erreicht.

Hat man Ihnen teils Vorwürfe gemacht, dass sie Zauber-Shows abgesagt haben?

Natürlich waren viele Leute enttäuscht, weil sie zum Beispiel auch zum 80. Geburtstag buchen. Genau diese gehören auch zu der Risikogruppe und haben somit gleich am Anfang abgesagt. Manche möchten den Termin dann zu ihrem 81. oder 82. Geburtstag nachholen, aber das ist dann natürlich nicht mehr das gleiche. Es steckt auch ganz schön viel Geld dahinter, wenn man etwas bucht. Ich für meinen Teil habe alles kostenfrei stornieren lassen und habe nichts berechnet.

Wo ist ihrer Meinung nach der größte Unterschied zwischen Live- und Online-Zaubershows?

Das hatte ich ja vorher schon erwähnt, dass ist nicht das "nah dran" Gefühl. Du siehst mich jetzt in echt. Wenn ich was zeige, glaubst du es eher, als wenn du es auf dem Bildschirm siehst. Das ist eigentlich die größte Antwort. Die Glaubwürdigkeit ist Live wesentlich schöner und zwar für alle, für die Stimmung. Denn wenn ich etwas nur vor der Kamera zaubere, empfängt mich kein Applaus. Ich stehe da einfach nur und das ist kein tolles Gefühl. Genau das ist aber gerade das Tolle. Die Stimmung, der Applaus, die Faszination.

Sind Onlineshows nicht in der Theorie gefährlicher, da man es aufnehmen und in Zeitlupe wieder abspielen kann, um den Trick rauszufinden?

Mittlerweile gibt es dafür sehr krasse Techniken in der Zauberei, sodass man selbst in Zeitlupe das Geheimnis nicht mehr sieht. So entwickele auch ich mich weiter. Aber das ist richtig, vieles ist ja wirklich nur fürs Live-Publikum gedacht und deswegen finde ich Live nach wie vor immer noch am besten. Onlineshows sind eine nette Alternative, wenn es nicht anders geht, aber ich bin nach wie vor für Live.

Hat es Vorteile eine Zauberschule zu führen? Hätten sie dort auch im Lockdown arbeiten können?

Ich habe Videos produziert, die man abrufen konnte. Diese wurden aber nicht so gut angenommen. Da fängt es wieder an. Die Menschen wollen Live lernen. Man kann sagen, die Zauberschule lag auch auf Eis. Ich habe die Zauberschule sehr optimiert, ein neues Logo kreiert, die Internetseite optimiert, auch die Rubrik Zauberschule. Also ich habe auch wirklich diese Zeit sehr genutzt, um mich, mein Umfeld, mein Lager, meine Requisiten, meine Routinen und meine Tricks zu verbessern. Das ist mir auch wichtig. In der Zauberschule war es zwar recht ruhig, aber ich habe meine Sachen verbessert.

Ist das Interesse an den Shows im Lockdown gesunken?

Nein, Überhaupt nicht! Die Leute haben sich auch in der Zeit gemeldet und haben schon weiter gedacht, für die Hochzeit 2022 und 2023. Denn die Menschen heiraten ja trotzdem, sie wollen Unterhaltung. Wie schon erwähnt auf dem 80.Geburtstag, und die Firmen feiern ihre Jubiläen und möchten ihren Mitarbeitern etwas bieten. Sie arbeiten hart und wenn gefeiert wird, wünschen sie sich natürlich auch ein rundum schönes Programm. Der Bedarf ist hoch. Deshalb habe ich mir gedacht, dass ich eine eigene Show mit einem Kollegen zusammen mache. Wir wollen eine Duo-Show planen. Das haben wir eigentlich schon vor Corona gemacht, und jetzt ist es der beste Zeitpunkt. Die Show haben wir "Doppelt wirkt besser" genannt. Der Slogan: "Zaubershow mit WOW! Effekt". Wir haben jetzt schon alles geplant, die Show steht, sie findet am 13. Mai  in Heide im Stadttheater statt. Das ist ein kleines süßes Theater. Wir wollen damit auch die kleinen Theater unterstützen, diese haben ja auch große Probleme, weil die Theater leer sind. Sie freuen sich natürlich, dass die Künstler sich trauen auch wieder Shows zu machen. Man muss ja auch an die Kosten denken. Wir mieten das Theater, wir brauchen eine Versicherung, und so weiter. Wir sind bei Eventim, das kostet auch Geld. Und ja, das läuft. Seit Montag den 8.11. ist Ticketverkauf und innerhalb weniger als einer Woche waren schon 50 Tickets weg. Natürlich kennt man mich schon, aber noch nicht überall. Das ist ein sehr guter Start. Wir haben noch ein halbes Jahr Zeit. Das Theater wird auf jeden Fall voll und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es Probleme geben wird. Ich sag mir immer die 3Gs: "Getestet, Geimpft und Geduscht!"

Wie sind sie auf ihren speziellen Künstlernamen gekommen?

Als ich ungefähr 13 Jahre alt war, da habe ich im ZDF "The worlds greatest magic" gesehen. Das war eine Zaubershow aus Las Vegas, die wurde damals von Wolfgang Lippert moderiert. Es gab mehrere Teile und ich habe sie aufgenommen, weil ich davon so fasziniert war. Auf VHS, nicht YouTube, nicht DVDs alles auf VHS. Dort habe ich einen Zauberer gesehen, der hat mich sehr fasziniert. Der hieß Jeff McBride. Und der Name Jörn( Jeff De Fires bürgerlicher Name, Anm. d. Red.) hört sich nicht so magisch an. Jeff hat was und fängt auch mit "J" an. Das fand ich schonmal inspirierend. Und gibt es einen Alexander de Cova. Das "de" hört sich irgendwie cool an - das hört sich besonders an. Es gibt ja auch einen Zauberkünstler der heißt Fred van Thom, "van" oder "von" hört sich auch immer ganz cool an. Ich war früher immer so von Feuer fasziniert. Ich zaubere auch immer noch ein bisschen mit Pyrotechnik und Feuer, aber natürlich geht das aus Sicherheitsgründen in kleineren Kreisen nicht mehr. Den Namen hab ich trotzdem beibehalten und so ist der Name Jeff de Fire entstanden.

 
1 Kommentar(e)
  1. Lasse
    28. November 2021

    Ich finde dein Interview sehr gut und interessant. Die Fragen sind gut gewählt und ansprechend.

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