Welches ÖPNV-System für Kiel?
Ende 2022 muss Kiel sich entscheiden: E-Bus oder Tram?
In Kiel wird im nächsten Jahrzehnt ein neues Nahverkehr-System gebaut. Doch was für eins? Ende nächsten Jahres soll die Kieler Ratsversammlung darüber abstimmen. Zur Auswahl stehen zwei Systeme: Entweder eine Tram oder E-Busse, auch BRT (Bus Rapid Transit) genannt. Warum braucht Kiel überhaupt mehr öffentlichen Nahverkehr, was sind die Vorteile und Nachteile der beiden Systeme und für was wird sich Kiel am Ende entscheiden?
Nils Jänig, der die Trassenstudie für die Firma Ramboll leitet, welche die Vor- und Nachteile der beiden Systeme im Auftrag der Stadt Kiel untersucht, äußert sich im Gespräch über die Notwendigkeit eines neuen ÖPNV-Systems. Er erklärt, dass Kiel eine sehr autolastige Stadt ist und der Gesamtverkehr nur zu 10% Modal-Split-Anteil am Gesamtverkehr aus Öffentlichem Nahverkehr besteht. Dieser Wert ist im Vergleich zu anderen Städten sehr gering. Somit hat Kiel ein Klimaschutzproblem und dies kann man mit einem höherwertigen öffentlichen Verkehr, also einer Tram oder einem BRT-System, verbessern. Außerdem weist Nils Jänig darauf hin, dass durch mehr Öffentlichen Nahverkehr- besonders durch die Tram- die städtebauliche Aufwertung von Stadtteilen deutlich verbessert werden kann. Auf diese Weise profitieren diese Stadtteile von einem neuem ÖPNV-System sehr stark.
In der Grundlagenstudie schieden S- und U-Bahn als Kandidaten schnell aus. Nils Jänig sagt, dass Kiel für eine U-Bahn einfach zu klein ist und die S-Bahn die innerstädtischen Fragen nicht löst, denn die S-Bahn helfe der regionalen Anbindung und werde als paralleles Projekt vorangetrieben, es ergänze die Trassenstudie.
Am besten abgeschnitten in der vorausgegangenen Grundlagenstudie haben die Tram und das BRT-System. Gemeinsam ist beiden, dass sie elektrisch betrieben werden. Außerdem würden beide weitgehend auf einer eigenen Trasse, also auf einer eigenen Spur und nicht im Straßenverkehr fahren. Ein Vorteil des BRT wäre, dass es im Vergleich zur Tram günstiger in den Investitionen ist. Dafür hat die Tram den Vorteil, dass sie bis zu 90% vom Bund und Land finanziert wird. Die Kosten für das BRT-System müsste die Stadt voraussichtlich komplett aus eigener Kasse zahlen. Außerdem wären die Personalkosten für die Tram deutlich billiger.
,,Ich glaub' für Kiel lohnt sich's richtig"
Nils Jänig, Projektleiter Ramboll
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die E-Busse mit einer Batterie im innerstädtischen Bereich fahren können. Diese können dann nach der Fahrt im Außenbereich durch eine Teiloberleitung aufgeladen werden. Die Tram fährt ohne Batterie, aber dafür mit einer Oberleitung auf der gesamten Strecke. So würde einerseits die Trasse für die BRT-Busse schneller baubar sein als die für die Tram, da man weniger Oberleitungen bauen müsste, andererseits wäre die Tram in diesem Bereich klimafreundlicher, weil die Produktion der Batterien für die E-Busse sehr umweltschädlich ist und die Tram ohne Batterien fährt.
Ein häufiges Argument gegen die Tram ist, dass sie einige Steigungen nicht bewältigen kann. Dies ist laut Nils Jänig allerdings kein Problem, da es in Kiel keine Steigungen gäbe, die die Tram nicht bewältigen könnte. Beispiele in anderen Städten für gut funktionierende ähnliche Projekte gibt es viele. So wurde im Jahr 2014 ein BRT-System in Malmö, der sogenannte MalmöExpress eingeweiht. Die Fahrgastzahlen steigerten sich dort bis 2019 um 40%. In Luxemburg, wo 2017 eine Tram eingeweiht wurde, sind laut einer Umfrage aus dem Jahr 2018 ein Großteil der Einwohner mit der Tram zufrieden.
Das Hauptproblem des BRT-Systems ist jedoch, dass die E-Busse deutlich kleiner sind und somit ein Kapazitätsproblem haben. Eine Tram ist mehr als doppelt so groß wie ein E-Bus. So müsste man deutlich mehr E-Busse bauen, was nicht so gut fürs Klima ist und grundsätzlich würden sehr viele E-Busse hintereinander herfahren müssen, um den Bedarf zu decken. Außerdem bietet eine Tram aufgrund ihrer Größe mehr Platz für Rollatoren, Kinderwagen oder auch Fahrräder. Darüber hinaus ist die Lebensdauer der Trams länger als die der E-Busse.
Beide Systeme haben also ihre Stärken. Fest steht: Egal für welches System man sich entscheidet- es wird den Verkehr in unserer Stadt revolutionieren und ein Musterbeispiel für die Mobilitätswende in Deutschland sein.
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