Wie ignorant behandelt Deutschland die Umwelt?

Martje Storm WPU Medienpraxis Gymnasium Lütjenburg 17. November 2021

Kommentar 
Deutschland liegt weltweit auf Platz 10 der nachhaltigsten Länder, ein verdienter Platz? Diese Rangliste kam durch 32 Indikatoren zu Stande, unter anderem Abfallwirtschaft, Landwirtschaft, Lebensraum und Klimawandel. Viele dieser Punkte lassen sich nur durch Politik oder Wirtschaft ändern. Als kleiner Verbraucher oder als Haushalt kann man nicht viel tun, das meinen die meisten, aber der Wahrheit entspricht das nicht.
Zum Beispiel wissen viele auch gar nicht, ob sie bei einer klimaneutralen Bank sind oder dass Banken es überhaupt sein können. Klimaneutral bedeutet hierbei, dass Banken das Kapital der Kunden vor Allem regional investiert wird. Doch auch heute gibt es noch Banken, die das Geld des Kunden in fragwürdige Projekte investieren. Diese sind dann aber meist aus gutem Grund auch nicht transparent, in dem was sie tun, denn Gewinnmaximierung ist für die Bank erstmal alles. Trotz alldem kann man sich über ihre Kapitalanlage informieren und sich wenigstens von dem Gegenteil überzeugen.
Zudem wird oft damit argumentiert, dass Deutschland nur 1,1% der Weltbevölkerung ausmacht und dass es global keinen Unterschied machen würde. Die Bundesrepublik ist als fünftstärkstes Industrieland für 1,8% der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich. Wenn sich hier also etwas verändern würde, würden andere Länder sicher nachziehen- vor allem, wenn sie erkennen würden, wie man diesen Schritt wirtschaftlich richtig nutzt und damit gut Geld machen kann.
Ein Land voller Verbote wäre für niemanden richtig! Aber selbst als sogenannter Verbraucher mit kleinen Maßnahmen bei sich zu beginnen, würde schon Unterschiede erzielen, wenn zumindest jeder so denken würde. Aber wie kann man das anstellen, ohne sein Leben einmal komplett auf den Kopf zu stellen? Der deutsche Staat bietet sehr viele Möglichkeiten, was das reflektierte Leben der Nachhaltigkeit angeht. Es sollte also auch genutzt werden, denn es sind alltägliche Dinge, wie das Recycling mit Trennung der Wertstoffe und Pfandsystem. Dieses gut durchdachte System gibt es so oder in einer ähnlichen Form nur in 40 Ländern. Warum sollte man seine Flaschen und Dosen regulär entsorgen, wenn man dieses so einfache und seltene Angebot hat? Was Recyceln betrifft liegt Deutschland auch weit vorne: 65% des deutschen Haushaltsmülls wird nämlich recycelt. Man könnte die Kapazitäten noch weiter ausschöpfen, wenn es keine Leute geben würde, die sich, trotz so einfachen Vorgehens, dagegen weigern würden. Knapp ¼ der Deutschen trennen ihren Müll nicht, obwohl jeder die Mittel dazu hat.
Ein wesentlich erfreulicherer Punkt ist, dass sich mittlerweile knapp 13,2% der Bevölkerung vegan oder vegetarisch ernährt. Diese erstaunliche Zahl lässt sich auch im Sortiment der Supermärkte oder im Angebot der Restaurants sehen. Es wird immer anschaulicher, auf tierische Produkte zu verzichten, was die Menschen anregt weniger oder gar kein Fleisch zu essen. Die Ersatzprodukte sind teilweise so gut, dass man kaum bis gar keinen Unterschied schmecken und wahrnehmen kann. Allein der Genuss dieser Produkte überzeugt viele, sich näher mit dem Thema des Veganismus auseinanderzusetzen. Die Lebensmittelbranche entwickelt sich in eine ganz neue Richtung, aber inwiefern sind Ersatzprodukte umweltfreundlicher? In der veganen und vegetarischen Lebensmittelindustrie wird viel mit Soja gearbeitet, dabei denkt ein Großteil aller vorerst an Regenwald-Abholzung, aber es steckt viel mehr hinter diesem weit verbreiteten Vorurteil und seine Negativauswirkung auf die Umwelt. 2021 lag die Menge an produzierten Fleischersatzprodukten bei 20.000t, das macht im Vergleich bis jetzt nur 6% der gesamten Fleischproduktion aus.
Die Ersatzprodukte bestehen zwar tatsächlich zu 45% aus Soja, damit ist die Nutzpflanze der wichtigste Rohstoff für die Produktionen. Das Problem bei den Sojabohnen liegt beim Anbau, in zum Beispiel Süd- oder auch Nordamerika, da es dort einfach noch erlaubt ist, gentechnisch modifizierte Sojabohnen anzupflanzen. Das Ganze ist sinnvoll als Abwehrsystem gegen starke Unkrautvernichter, aber leider schädigt es auch andere Pflanzen in der Umgebung. 80% der nach Deutschland importierten Sojabohnen gehen in die Futtermittelproduktion, viele der Fleischersatzprodukte werden im Gegenzug dazu mit in Deutschland angebauten Soja hergestellt. Im Vergleich braucht man um 1kg Rindfleisch zu erzeugen 7kg Soja, für 1kg Soja braucht man tatsächlich nur weniger als 1kg. Sojabohnen im Zusammenhang mit Veganismus als Klimakiller zu bezeichnen ist dementsprechend also grundlegend falsch. Umwelttechnisch würde sich eine rein pflanzenbasierte Ernährung auf jeden Fall lohnen.
In Deutschland liegt 2019 die Kohlenstoffdioxid-Pro-Kopf-Emission bei durchschnittlich 7,9 Tonnen, ideal wären laut Experten 2 Tonnen. Um diesem Ziel wenigstens näher zu kommen, sollte jeder sich selbst, soweit es geht, optimieren. Sich mal Gedanken darüber zu machen seine Ernährung ein wenig fleischloser zu gestalten, die Pfandflasche mit nach Hause nehmen oder einmal sich darüber informieren was hinter den Kulissen mit dem eigenen Geld passiert. Das wäre alles ein guter Ansatz. Verlangen kann man von niemandem etwas, aber ignorant nichts zu verändern, wäre ein egoistisches Vorgehen.

 
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