An einem kaltem Winterabend sitze ich bei Anna-Maria im Hinterzimmer und befrage sie zu ihrem Leben in der damaligen Zeit.
1938. Anna-Maria kommt mit ihren stolzen sieben Jahren zur Schule. Das bedeutet ihr wirklich viel, da man damals gerade mal acht Jahre zur Schule ging und danach direkt konfirmiert wurde.
Als der Krieg begann, waren alle in großer Sorge. Sie sahen die deutschen Panzer und Soldaten, die nur wenige Meter von ihnen entfernt waren. Was ihnen aber komisch vorkam, war, dass auch vieler der Soldaten farbig waren, was zu dieser Zeit nicht allzu üblich war.
In Anna-Marias Hinterzimmer sehe ich an den Wänden Bilder von ihren Enkeln und Urenkeln. Ebenso wie viele rustikale Schränke, die schon etwas abgenutzt ausschauen.
1942 musste Anna-Maria mit ihrer kompletten Klasse aufbrechen und nach Österreich, da sie im Rahmen der sog. Kinderlandverschickung (KLV) "eingezogen" wurde. Als der letzte Tag mit ihren Eltern anbrach, war der Schmerz groß. Ihre Eltern sahen Anna-Maria 1942 am Bahnhof das letzte Mal, bevor sie dann nach Österreich fuhr. Genauso wie alle anderen Eltern der Klasse. Als sie in Österreich ankamen, wusste keiner der Klassenkameraden, wo genau sie gelandet waren. Als sie sich in ihrem Lager eingerichtet hatten, merkten sie, dass sie in einem Lager der KLV gelandet waren. Dort würden sie drei Jahre lang bleiben, sagte man ihnen.
Nun sitzen ich und Anna-Maria in ihrem Hinterzimmer, und sie zeigt mir Bilder aus ihrem Leben, die ihr wirklich viel bedeuten. Es sind Bilder mit ihrer Familie.
Als die gesamte Klasse 1945 dann wieder in Kiel ankam, war sie Freude groß, da ihre Eltern sie nur einmal im Jahr besuchen durften. Zur selben Zeit sahen sie den Umstand, dass die Panzer Richtung Lübeck fuhren, als ein Signal dafür, dass Kiel aufgegeben hatte. Als sie eines Tages dann die Straßen entlang liefen, sahen sie noch viele Panzer, die willkürlich Süßigkeiten von ihren Panzer schmissen, die Anna-Maria gemeinsam mit ihrer Schwester aufhob.
Anna-Marie lebte mit ihren acht Geschwistern und ihren Eltern in einem kleinen Haus in Kiel. Sie musste sich deshalb auch mit ihren Geschwistern ein Zimmer teilen.