Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit

Amelie Laureen Reußow 15. November 2022 1 Kommentar(e)
© pixabay

Der Wind weht den Geruch von Fisch und Algen vorbei, während im Hintergrund die lauten Rufe der Besatzung zu hören sind. Noch ein letztes Signal, dann ist das Schiff nicht mehr zu sehen. Zwischen all dem Tumult auf dem Nord-Ostsee-Kanal sitzt Herr Reußow am Ufer und lässt seine Zeit als Seefahrer Revue passieren.

Uwe Reußow fuhr von 1965-1974 zur See und bereiste in dieser Zeit den Mittelmeerraum und die Länder in Fernost wie Japan, China und Korea. Dies geschah mit einem stetigen Wechsel von Schiff und Crew. Die Zeit der Reisen dauerte zwischen 2 und 6 Monaten, je nachdem wohin er fuhr. Zuerst arbeitete Herr Reußow einige Jahre als Maschinenassistent. Dann entschied er sich für ein Ingenieurestudium an der Schule für Seefahrt. Nach dem erfolgreichen Abschluss, wurde er als Schiffsingenieur und Wachleiter in der Maschine eingesetzt. Die Maschinenassistenten waren für das Säubern,Kontrollieren und am Laufen halten der Maschinen verantwortlich. Sie arbeiteten unter Deck. „Es war immer unglaublich warm im Maschinenraum. Man konnte die Maschinen allerdings auch aus dem klimatisierten Fahrstand steuern“, erinnert sich Herr Reußow mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, während er weiterhin vorbeiziehende Schiffe beobachtet. Als Schiffsingenieur musste man zwar nicht mehr die Maschinen selbst warten, doch natürlich kam mit der Aufgabe des Ingenieures auch mehr Verantwortung dazu. Denn nun war er für die Aufsicht der Reparaturen verantwortlich und arbeitete oft auch selbst mit. Das war allerdings nicht die einzige Aufgabe, die es von Ingenieuren auf dem Schiff zu erledigen galt. Es gab die nautischen Offiziere, welche für das Navigieren und Kurshalten zuständig waren. Die Matrosen hingegen mussten sich um die Instandhaltung des Schiffes kümmern, der Koch bereitete dreimal am Tag Mahlzeiten zu. Der Kapitän war der Chef des ganzen Schiffes und hatte das Sagen. Doch die Aufgabe der gesamten Crew war es, die Waren sicher zu transportieren. Diese wurden in Kisten in den Laderäumen unter Deck verstaut. In ihnen befand sich hauptsächlich Stückgut, doch ab und zu auch Tee, Kautschuk, Erz und weitere Schüttgüter. „Immer wenn das Schiff be- und entladen wurde, konnten wir etwas vom Land sehen“, sagt Herr Reußow mit deutlicher Euphorie in der Stimme. So durfte die Crew beispielsweise in Sri Lanka auf Elefanten reiten, die Teeplantagen besuchen und Führungen durch die Städte erleben, in denen das Schiff angelegt hatte. Die Liegezeit betrug meist 1-3 Wochen in den Häfen. So hatte die Mannschaft die Möglichkeit einmalige Andenken zu kaufen. Herr Reußow brachte u.a aus Griechenland Vasen und Wandteller mit, Masken aus Afrika, sowie weitere Andenken aus Süd-Ost-Asien und Japan, die sich bis heute in seinem Haushalt befinden. Nicht nur an Land haben sie viel gesehen. „Wir haben Wale, Delphine und so ziemlich alles, was im Meer schwimmt und taucht, gesehen“, berichtet der alte Seemann. Doch seine bemerkenswerteste Erinnerung an seine Zeit als Seefahrer sind nicht etwa die verschiedenen Länder oder Städte. Es war ein besonderes Ereignis der Natur, das er miterleben durfte: „Ich habe einen starken Taifun in Süd-Ost-Asien erlebt, bei dem wir durch das Auge des Taifuns gefahren sind. Bis zum Auge war der Wind extrem stark und das Schiff schaukelte wie verrückt. Das Wasser spritzte über das Deck und über uns kreisten Vögel, die alle mitgerissen wurden. Die Vögel setzten sich auf das Schiff und blieben, bis Land in der Nähe war. Dann flogen sie alle davon. Das war wirklich ein atemberaubender Anblick“, erzählt Herr Reußow mit einem Leuchten in den Augen.

Herr Reußow begann mit der Seefahrt in der Hoffnung, etwas von der Welt sehen zu können. Dies hat er geschafft und mehr erlebt, als die meisten in seinem Alter sich nur erträumen konnten. „Die Gründung meiner Familie war Anlass, die Seefahrtzeit zu beenden“, sagte Herr Reußow. Doch seine Liebe für das Meer blieb und er denkt gern an diese aufregenden Jahre zurück.

 
1 Kommentar(e)
  1. Promedia Maassen
    16. November 2022

    Hallo Amelie Laureen, vielen Dank für deinen Beitrag! Es hat Spaß gemacht ihn zu lesen und über den Lebensweg von Herrn Reußow etwas über die Seefahrt zu erfahren :) Schön ist, dass du auch einige direkte Zitate eingebaut hast, so wirkt der Text direkt lebendiger. Liebe Grüße Das MiSch-Projektteam Carina und Kerstin

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