Welchen Einfluss Social Media auf unsere Gesellschaft hat
Kling. Handy raus. Instagram auf. Mal gucken, was meine Lieblingsinfluencerin heute gepostet hat. Ein neues Bild von ihr auf ihrem Pferd. Wow, sieht sie wieder gut aus! Sie hat eine tolle Figur, kann gut posieren und ihre Haare fallen perfekt. Auch ihr Gesicht sieht beinahe makellos aus und sie weiß genau, wie sie sich in Szene setzen muss. Warum kann ich nicht so aussehen?
So sieht der Alltag vieler Jugendlicher nach der Schule aus. Reale Treffen werden durch Kommunikation über Social Media ersetzt, was beispielsweise während der Corona-Pandemie eine durchaus sinnvolle Alternative war, da reale Treffen eine ganze Zeit nicht möglich waren. Die Bedeutung von Social Media hat aus diesem Grund während der Corona-Pandemie signifikant zugenommen. Doch ist Social Media wirklich der Ersatz für persönliche Treffen mit Freunden? „Social Media ermöglicht uns zunächst einmal einen unkomplizierten Austausch mit anderen Menschen, was zunächst sehr positiv ist", so Diplompsychologin Maria Krull des Zentrums für integrative Psychatrie ZIP gGmbH. „Da ein überwiegender Teil der Kommunikation von jungen Leuten über Social Media stattfindet und es eine Art Freizeitbeschäftigung geworden ist, das Leben bekannter Personen zu verfolgen, sehen wir die Nutzung in unserer Profession daher auch kritisch."
Noch ein weiterer Post. Heute probiert sie den angesagten „Sunscreeen Counturing" Beauty-Trend aus. Dafür trägt sie sich Sonnencreme nur an den Stellen im Gesicht auf, die sie hervorheben möchte und geht anschließend in die Sonne. Wow, das Ergebnis sieht einfach umwerfend aus! Das muss ich auch unbedingt einmal ausprobieren.
Beim „Sunscreen Counturing" handelt es sich um einen für die Haut ungesunden Beauty-Trend, der auf Social Media kursiert. Bei den wirklich „gefährlichen" Trends und Challenges handelt es sich jedoch meistens nicht um Beauty-Trends. Ein Beispiel hierfür ist die „Challenge", bei der Nagellackentferner auf der Haut aufgetragen und anschließend angezündet wird. Doch wie entstehen solche Trends überhaupt? Die Antwort darauf ist ganz einfach: Das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und die Sucht nach Aufrufen und Likes. Dass viele Jugendliche diese „Trends" zu Hause nachmachen, hängt damit zusammen, dass sie ihren „Idolen" nacheifern wollen. Was die Bedeutung der Bezeichnung „Influencer", welche aus dem Englischen kommt und so viel wie „Beeinflusser" bedeutet, unterstreicht. Deshalb funktioniert auch die „Werbeindustrie" über Social Media so hervorragend.
Während ich mal wieder vollkommen in Instagram versunken bin, weckt mich die Stimme meiner Mutter aus meiner Illusion. Sie faselt irgendetwas davon, dass ich bitte den Geschirrspüler ausräumen solle. Ich grummle ihr nur ein mürrisches „Ich kann gerade nicht." hinterher und scrolle weiter vor mich hin. Wer ist das denn? Wow sieht sie schön aus! Doch wer ist das? Irgendwie kommt sie mir bekannt vor. Mal gucken, was sie sonst noch so gepostet hat. Das ist ja der Account von einem Mädchen aus meiner Klasse. Aber so sieht sie doch gar nicht in Wirklichkeit aus. Auf dem Foto ist ein bildhübsches Mädchen, mit perfekter Figur, reiner gebräunter Haut, strahlend blauen Augen, vollen rosigen Lippen und glänzenden Haaren abgebildet. So sieht sie doch aber wirklich nicht aus!
Mithilfe von Bildbearbeitungsapps ist es mittlerweile kein Problem mehr, mit nur ein paar Klicks seinem „Wunschaussehen" zu entsprechen und dieses auf Social Media zu posten. Ein einfaches Beispiel hierfür ist die App „Snapchat", mit deren Hilfe man nur einen Filter verwendet und sofort ein komplett anderer Mensch ist. Heutzutage sind Bildbearbeitungen so weit fortgeschritten, dass sie kaum noch von der Realität zu unterscheiden sind. Wir als Schülergruppe haben selber das Experiment gestartet und ein Foto von uns derart „bearbeitet", dass es nur noch eine entfernte Ähnlichkeit zu dem originalen Foto hatte. Wir waren geschockt und uns wurde bewusst, wie „fake" Social Media sein kann. Doch was bewirkt dieses Vergleichen der perfekten Fotos bei den Usern der Social-Media-Plattform? Und was sagen die bearbeiteten Fotos über die jeweiligen Content-Creator aus? „Social Media für psychische Erkrankungen verantwortlich zu machen und daher zu „verteufeln", wäre zu einseitig und ungerechtfertigt. Allerdings sehen wir sowohl im therapeutischen Alltag als auch anhand der Studienlage, dass sich ein Einfluss aus der Nutzung sozialer Medien vor allem auf die jüngere Generation im Hinblick auf das Thema Körperbild ergibt. Das liegt daran, dass zum Beispiel gewisse Körperideale verinnerlicht werden oder Vergleiche des Aussehens permanent stattfinden. Je aussehensbezogener der Inhalt, den du dir anschaust, desto eher wird er einen Einfluss auf deine Beziehung zu deinem Körper haben. Die Entwicklung einer Essstörung kann damit begünstigt, aber nicht allein hierdurch ausgelöst werden", so beantwortet Frau Krull unsere Frage. Somit ist Social Media nicht alleiniger Grund für Essstörungen und ähnliche Krankheiten, kann aber durchaus ein Teil davon sein. Fest steht jedoch, dass der Konsum von Social Media nicht nur ein extremer Zeitfresser ist, weshalb soziale Kontakte und Pflichten vernachlässigt und diese durch „unnützes" Scrollen ersetzt werden. Dies macht auf Dauer bei zu hohem Konsum unglücklich. Das ständige Vergleichen mit anderen Leuten, die in einer scheinbar „perfekten Welt" leben, kann somit Auslöser für Depressionen sein.
So scrolle ich weiter vor mich hin. Bis ich über ein Mädchen stolpere, welches stolz das Ergebnis ihrer Schönheitsoperation präsentiert. Keine Frage, ihre „neue" Nase sieht umwerfend aus- aber sah sie das nicht vorher auch schon? Meiner Meinung nach, hätte sie diesen Eingriff gar nicht nötig gehabt.
Seufzend blicke ich von meinem Handy in den Spiegel auf und mir wird bewusst, dass ich diese Operation mit meiner „Krüppelnase" viel nötiger gehabt hätte als sie.
So sehen die Gedankengänge Jugendlicher um das Thema Schönheitsoperation aus, obwohl diese erst ab 18 Jahren erlaubt sind und mehr als 10.000 Euro kosten können. „Durch die verschiedenen Social-Media-Kanäle werden die Menschen so beeinflusst, dass sie ein durch digitale Filter und Likes verzerrtes Schönheitsideal vorgelegt bekommen", berichtet Dr. Roland Bertolini, plastischer und ästhetischer Chirurg. Über das Risiko, eine Schönheitsoperation durchführen zu lassen und die jeweiligen Risikofaktoren wird auf Social Media nicht geredet, was aber auch nicht die Aufgabe der Influencer sei, so Dr. Bertolini. Unsere Frage, ob er festgestellt habe, dass es eine höhere Nachfrage nach Schönheitsoperationen gebe, seitdem Social Media in den Vordergrund gestochen ist , bejaht er. „Dies wird in unseren Jahreskongressen seit mehreren Jahren besonders betrachtet und diskutiert."
Irgendwann blicke ich auf die Uhr und erstarre für einen Augenblick- Waren das jetzt wirklich eineinhalb Stunden?! Was habe ich in diesen eineinhalb Stunden mit meiner Zeit angefangen? Naja, ich habe mir ein paar tolle Einrichtungsideen für mein Zimmer von einer Influencerin herausgesucht, aber der Rest? War das nicht doch ein bisschen unnötig? Ich hätte mit meiner Zeit etwas ganz anderes anfangen können, also schnell Handy aus, Jacke an und raus!
Zusammenfassend ist also zu sagen, dass Social Media durchaus Vor- und Nachteile hat, welche schwer gegeneinander abzuwiegen sind. Einerseits ist Social Media ein hilfreiches Mittel für schnelle Kommunikation und viele Beiträge sind interessant, unterhaltend sowie inspirierend. Aber Social Media kann auch zur Sucht werden und dieses permanente Vergleichen mit anderen Leuten ist ungesund und kann Auslöser für verschiedene psychische Krankheiten sein. Deswegen sei es laut Diplompsychologin Maria Krull wichtig, den eigenen Feed so zu gestalten, dass er gut für einen selber sei und alles in Maßen zu halten.
6 Kommentar(e)
vielen Dank für euren Beitrag. Durch den Wechsel zwischen der eigenen Erfahrung und den sachlichen Parts ist er sehr kurzweilig und interessant geschrieben.Schön ist, dass ihr das durch die kursive Schrift auch optisch voneinander getrennt habt. Eure Botschaft kommt sehr gut raus und ist auch wichtig: Social Media kann viel Inspiration bieten, man muss nur sehen, wofür und sich bewusst machen, dass vieles stark bearbeitet ist und es dann in Maßen genießen.
Habt ihr das Bild selbst entworfen? Das sieht cool aus!
Liebe Grüße
Das MiSch-Projektteam
Carina und Kerstin