Geschichte einmal anders

Pauline Thiede 7b Ricarda-Huch-Schule 19. November 2022

Geschichte einmal anders


Heute besuche ich Charlotte in der Lutherkirche, die an einem ganz besonderen Projekt teilnimmt. Es ist 8.00 Uhr und ich stehe vor der Kirche. Dann gehe ich rein. Sofort weht mir der typische Geruch von Kerzen und altem Gemäuer entgegen. Ich fühle mich ein bisschen wie im Mittealter. Schon steht Charlotte vor mir und begrüßt mich mit einem kurzen: „Hi!", denn wir haben nicht viel Zeit. Gleich kommt die vierte Klasse aus der Goethe-Schule. Charlotte ist wie eine Nonne gekleidet, hat lange blonde Haare und ein sympathisches Lächeln im Gesicht. Zusammen gehen wir in die Hauptkirche. Hier stehen lange Bankreihen und der Altar, neben dem aus Holz geschnitzte Bilder hängen, die das alte und das neue Testament zeigen.
Heute findet hier das Reformations-Spiel statt, das die Konfirmanden der Luther-Jakobi-Gemeinde für die Viertklässler der Gothe- und Muhliusschule alljährlich anbieten. Bei diesem Spiel wird die Geschichte von Martin Luther an verschiedenen Stationen nachgestellt.
Charlotte ist eine von den Konfirmanden, die heute in die Rolle der Marie, der Freundin von Luthers Ehefrau Katherina Bora, schlüpft. Ich frage sie, warum sie mitmacht und sie antwortet mir: „Ich finde es toll, die Geschichte von damals erlebbar zu machen, dadurch können die Kinder es sich vielleicht besser merken. Außerdem lernen die Kinder mal anders als in der Schule." Plötzlich wird es hektisch, denn wir hören schon die Kinder, die draußen warten. Charlotte und ich einigen uns darauf, später weiter zu reden. Ich gehe hinaus, draußen warten die Kinder und reden aufgeregt miteinander. Ich mische mich unter sie.

Plötzlich steht der Pastor der Luthergemeinde, Martin Gregor, vor uns. Er ist als Martin Luther verkleidet. Er begrüßt uns und bittet uns herein. Wir folgen ihm und bekommen braune T-Shirts. Das sind unsere Zeitmaschinen. Wir werden von Luther und seiner Frau Katharina in ihr Wohnzimmer geführt. Dort essen vier Personen. Sie stellen sich als Melanchton, Hanne, Marie und Karlstadt vor. Sie sind Freunde von Katharina und Luther. Die Kostüme sind alle cool und sehen wie aus dem Mittelalter aus, finde ich. Mittlerweile haben die Kinder mich mit ihrer Aufregung angesteckt. Plötzlich werden wir unterbrochen. Jemand steckt seinen Kopf durch die Tür und ruft: „Frische Ablassbriefe! Frische Ablassbriefe!" Katharina und Luther sind empört. Luther ruft zornig: „Sie wollen in Luther 's Hause Ablassbriefe verkaufen! Raus hier!" „Sie wissen wohl nicht, wer ich bin?", antwortet der Fremde. „Ich bin Tetzel, einer der großen Ablassbriefe-Verkäufer!". „Raus hier!", ruft Luther zum zweiten Mal. Tetzel zieht sich zurück.
Die Kinder sollen sich nun in Gruppen zu sechst aufteilen. Das klappt sehr gut. Ich schließe mich einer Gruppe an. Wir gehen zusammen mit Hanne zu ihrer Station. Wir werden von Hannes' Magd mit einem: „Gott zum Gruße, liebe Studiosis!" begrüßt und folgen ihr in ihre dunkle Kammer. Es ist irgendwie gruselig. Es riecht nach Kerzen. Hanne fragt uns, wovor wir Angst haben und was wir dagegen tun. Die Kinder öffnen sich schnell und berichten von ihrer Angst. Später werden Kerzen angezündet und es ist ein toller, fast magischer, Moment, als man wieder etwas sehen konnte. Dann bekommen wir einen Zettel mit betenden Händen, auf den wir ein Gebet oder einen Spruch schreiben können. Die Idee ist, sich diesen vorzusprechen, wenn wir Angst haben. Den Vorschlag finde ich richtig klasse. Nach einiger Zeit verabschiedet Hanne die Gruppe. Während ich zurückbleibe, ziehen die Kinder nun weiter zu Maries' Station. Ich sehe mir noch kurz die Stationen an, die alle total toll aufgebaut sind, finde ich. Beim Marktplatz riecht es nach frischem Brot. Jede Station hat einen anderen Geruch.

Nun setze ich mich wieder in die Kirche und sehe mir das Treiben von den Bänken aus an. Es dauert ca. eine Stunde bis alle Kinder die gesamte Geschichte durchlaufen sind und sich in der Kirche wieder einfinden.
Zum Abschluss reden die Kinder mit Pastor Gregor über das, was sie gelernt und erlebt haben. Dann bekommen alle Lebkuchenherzen, die herrlich süß sind.

Anschließend geben alle ihre T-Shirts, also die Zeitmaschinen, wieder ab und sind wieder in der Realität.
Meine Gesprächspartnerin Charlotte begleitet mich noch ein Stück hinaus. Schnell kommen wir wieder ins Gespräch. Sie ist richtig stolz, die Grundschüler in eine andere Welt entführt zu haben und dabei noch selbst viel über die Reformation und Martin Luther gelernt zu haben. Und ich, ich bin auf Charlotte und die anderen Konfirmanden stolz, dass sie den Kindern so ein schönes Erlebnis geschenkt haben.

 

 
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