Altenholz. Hunderte hellbraune Legehennen laufen emsig in dem weitläufigen Freigehege umher, einige von ihnen scharren in der kahl gerupften Erde, manche verschwinden bis zu den Schwanzfedern kopfüber in tiefen Löchern. Die Hühner sammeln sich neugierig und lauthals gackernd vor uns am Zaun. Die frische, herbstliche Luft ist von dem Geruch des Grases und der Erde erfüllt. Wir befinden uns auf dem Hühnerhof Postkamp.
Neben uns steht der Eigentümer des Betriebes Hartmut Stegemann, ein sympathischer, grauhaariger Mann in Jeans und kariertem Hemd. Er erzählt uns über die Geschichte des Hofes: Seit 1929 hält die Familie Stegemann hier Hühner, mittlerweile bereits in der dritten Generation. Seit 2003 ist der Großteil des Betriebes auf Freilandhaltung umgestellt. "Wir hatten uns durch Bodenhaltung einen Namen gemacht. Immer mehr Kunden haben sich Eier aus Freilandhaltung gewünscht", erklärt er uns. "Daraufhin haben wir uns ihren Bedürfnissen angepasst." Mit rund 10.000 Hühnern leben knapp drei Viertel in Freilandhaltung, haben also Zugang zum Außengehege. Rund 3000 Hühner leben noch in Bodenhaltung. Das heißt, sie haben zwar die gleiche Stallfläche wie die Hühner in Freilandhaltung, jedoch keinen Zugang zur Außenfläche. Dies hat zwei Gründe: Zum einem, weil es zu aufwändig sei, den Hühnern aus der oberen Etage des Stalls einen Zugang ins Außengehege zu schaffen, zum anderen, da die Eier aus Bodenhaltung günstiger sind. "Einige unserer Kunden greifen immer noch zu den günstigeren Eiern aus Bodenhaltung. Auf diese Weise wird eine größere Menge an Kunden erreicht", so Stegemann.
Die Freilandhaltung bringt jedoch ein unvermeidbares Risiko mit sich: Die Geflügelpest. Sie wird durch die Ausscheidungen der Wildvögel übertragen, so hat man keine Chance, die Hühner vor einer Infektion zu schützen. Jedoch wird eine mögliche Verbreitung verhindert, indem das Schuhwerk von Stall zu Stall gewechselt wird und Schutzkleidung getragen wird. "Bis jetzt sind wir zum Glück von der Geflügelpest verschont geblieben", sagt Stegemann.
Szenenwechsel: Schon durchs Schaufenster des Hofladens sehen wir bunte Kürbisse, selbstgemachten, cremigen Eierlikör und rote Äpfel. Als wir den Laden betreten, wird schnell klar, dass es hier weitaus mehr als nur Eier zu kaufen gibt, denn neben Obst und Gemüse gibt es hier auch Wein und hausgemachte fertige Gerichte wie z.B. Hühnerfrikassee oder Linsensuppe.
Im Laden herrscht eine geschäftige, aber entspannte Stimmung. Jedes Mal, wenn jemand den Laden betritt, läutet die Türglocke. In der Zeit, in der sich die Kunden mit den Verkäufern unterhalten oder ihre Körbe füllen, treffen regelmäßig neue Autos auf dem mit Schotter bedeckten Hof ein, während andere ihn verlassen. Die meisten Produkte, die man im Laden kaufen kann, werden von regionalen Bauern dazu gehandelt, um den Kunden ein größeres Sortiment zu bieten. Stegemann erklärt: "Ich möchte auf keinen Fall den Anschein erwecken, dass wir nur unsere eigenen Produkte verkaufen."
Neben dem Hofladen werden die Produkte auch auf dem Wochenmarkt in Kronshagen und in Altenholz Stift verkauft. Auch im Lebensmitteleinzelhandel wie Rewe, Edeka und Markant sind ihre Eier zu finden. Außerdem beliefert der Hühnerhof Postkamp auch Direktverarbeiter wie Bäckereien, Gaststätten und Restaurants. "Unsere wichtigste Einkommensquelle ist der Verkauf im Hofladen und auf dem Wochenmarkt", erzählt Stegemann.
Die Kunden bleiben dem Hühnerhof Postkamp treu, obwohl die Preise der Eier in letzter Zeit drastisch gestiegen sind. Dies liegt vor allem daran, dass das aus Weizen, Gerste, Mais, Soja, Kalk und anderen Mineralien bestehendes Futter, welches die Legehennen zur optimalen Produktion von Eiern benötigen, zu großen Teilen aus der Ukraine importiert wird.
Hartmut Stegemann hofft, dass die Preissteigerung bald ein Ende hat und der Betrieb noch lange in seiner Familie fortgeführt wird.
Wir verlassen den Hof und werfen nochmal einen schnellen Blick auf die Hühner, welche nach wie vor ihren Kopf in die Erde stecken und uns gackernd am Zaun verabschieden.
1 Kommentar(e)
ganz lieben Dank für euren interessanten Beitrag! Ihr habt es sehr gut umgesetzt, die Inhalte mit Eindrücken anzureichern, sodass die Leserinnen und Leser sich ein gutes Bild von dem Hof machen können. Besonders auch, dass Anfang und Ende sich aufeinander beziehen, macht es zu einem sehr runden Text!
Liebe Grüße
Das MiSch-Projektteam
Carina und Kerstin