Schwimmendes Europa aus Müll

Enya Leuk-Emden, 8b, Ricarda-Huch-Schule 21. November 2022
Plastikfäden: Auch das norddeutsche Wattenmeer ist voll von Kunststoff © 700Eisvogel007, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Wie Müll ins Meer gelangt und welche Folgen das hat

Die Sonne scheint leicht auf den Strand und trotz der späten Jahreszeit sieht man vereinzelte Menschen, die die letzten Sonnenstrahlen genießen wollen. Das leise Rauschen der Wellen erfüllt die Stille und ab und zu hört man das Kreischen einer Möwe. Hier am Strand scheint alles friedlich, doch wenn man weiter aufs Meer hinausfährt, sieht man, dass dieses alles andere als gesund ist.

Man kann zum Beispiel Müllstrudel entdecken, so auch im Nordatlantik. Diese entstehen durch die kreisförmigen Strömungen im Meer, welche das Wasser zur Mitte des Ozeans schieben. „Dort kann es dann nur in eine Richtung ausweichen; es sinkt nach unten. Alles was über diesem absinkenden Wasser ist, das ist wie in einer Badewanne, alles, was darüber treibt, bleibt über diesem absinkenden Wasser an der Oberfläche zurück. Dadurch sammelt sich treibendes Material in diesen Gebieten," so Mark Lenz, ein wissenschaftlicher Koordinator im GEOMAR über Müllstrudel in den Ozeanen. Sein Fachgebiet ist ´Müll im Meer´.

Die meisten Müllstrudel bestehen allerdings größtenteils aus Mikroplastik. „Das ist also mehr eine riesige Suppe," sagt der Wissenschaftler. Der größte Müllstrudel befindet sich im Nordpazifik, wie der Name „The Great Pacific Garbage Patch" (GPGP) schon sagt. Die genaue Größe ist nicht bekannt, allerdings wird sie auf 700.000 bis 15.000.000 km² geschätzt. Der GPGP ist also möglicherweise größer als Europa und drei Mal so groß wie Frankreich.

Richtige Müllteppiche gibt es im offenen Meer allerdings nicht, vermutet Mark L. „Wenn man das sieht auf Bildern, dann ist das immer in der Nähe der Küste aufgenommen." Manchmal verbinden sich aber Flaschen, Plastiktüten und alte Fischernetze zu kleinen Müllinseln.

Warum alte Fischernetze eine große Bedrohung darstellen, weiß Lenz auch. „Sie sind eine besondere Form des Plastikmülls. [...] Die nennt man Geisternetze. [...] Im Prinzip kann sich alles, was im Meer unterwegs ist, in solchen Netzen verfangen und die Tiere sterben dann oft, weil sie sich nicht wieder befreien können und dann irgendwann verenden, ersticken." Dass Tiere an anderem Müll sterben, ist allerdings oft sehr schwierig nachzuweisen. Es gibt trotzdem Belege über einige Fälle. „Wir wissen zum Beispiel von Vogelküken, die mit Plastik gefüttert werden von ihren Eltern und dann irgendwann an diesem Plastik sterben," erklärt Lenz.

Es kann auch sein, dass das Plastik ganze Lebensräume schädigt, indem es lebende Oberflächen überlagert, z.B. in Korallenriffen. Wenn sich dort Plastikmüll ablagert, sterben die Korallen darunter ab. In Mangrovenwäldern kann so etwas auch passieren. Um das zu verhindern, haben es sich einige Organisationen zur Aufgabe gemacht, den Müll aus den Ozeanen zu entfernen. Ein Beispiel ist ´One Earth One Ocean´ (OEOO). Die Mitarbeiter sammeln Müll in Flussmündungen und Buchten. „Das macht auch Sinn, finde ich. An Orten, wo der Müll noch sehr hoch konzentriert ist und noch nicht zu stark zerfallen ist, da kann man ihn absammeln, bevor er dann weiter in das offene Meer gelangt," äußert sich Lenz.

Wenn Müll dann ins offene Meer gelangt, sinkt er nach einiger Zeit auf den Meeresboden. Was er dort für Schäden anrichtet, ist größtenteils noch nicht bekannt. Jedoch liegt da vermutlich sehr viel mehr Müll, als an der Oberfläche schwimmt. Jedes Jahr werden circa 10 Millionen Tonnen Müll ins Meer eingetragen und das, was man an der Oberfläche sehen kann, ist nur ein ganz kleiner Teil von den geschätzten 100 bis 142 Millionen Tonnen. Jedoch ist nur sehr wenig über die Tiefsee und ihre Lebensräume bekannt und da diese sehr schwer zu erreichen ist, gibt es kaum Videomaterial. Auf dem ist allerdings zu sehen, dass mittlerweile sogar in der Tiefsee Müll liegt.

Bis dieser zersetzt wird, kann es allerdings Tausende bis Hunderttausende Jahre dauern. Obwohl dies je nach Aufenthaltsort auch sehr unterschiedlich sein kann. „Wenn zum Beispiel eine Tüte an einem Strand liegt, wo viel Sonne auf das Plastik scheint, wo es Wellenbewegungen gibt, es vielleicht noch hin und her geweht wird, dann kann das ganz schnell gehen, innerhalb von Monaten oder Jahren," erklärt Lenz. Da es in der dunklen Tiefsee allerdings so gut wie gar nichts davon gibt, ist dies wohl nicht der Fall. Wenn der Müll dann irgendwann zersetzt wird, wird er zu Mikroplastik. An diesem forschen die Wissenschaftler aber noch, sodass so gut wie gar nichts darüber bekannt ist.

Möglicherweise, so schätzen einige von ihnen, kommt aber Mikroplastik über Umwege auch in den menschlichen Körper. Die Folgen für den Menschen können schwerwiegend sein: „Wir wollen das Meer nutzen für viele Dinge. Wir wollen ja Nahrung gewinnen aus dem Meer. Da ist Plastik auch nicht so richtig hilfreich, wenn es da im Meer drin ist, weil es Tiere schädigt, weil es vielleicht auch die Tiere schädigt, die wir fangen wollen, die wir auch kultivieren im Meer," sagt der Wissenschaftler. „Und es belastet Ökosysteme, wie ich schon gesagt habe, Korallenriffe und Mangrovenwälder, die für uns sehr wichtig sind, tatsächlich, weil sie Küstenräume stabilisieren, weil sie die Umwelt reinigen, von Schadstoffen zum Beispiel. Sie haben Filterfunktionen und so weiter. Und all das wird beeinträchtig, wenn wir Plastikmüll im Meer haben und das wirkt dann tatsächlich auch auf uns zurück."

Um Müll im Meer und dessen Folgen für Meeresbewohner und den Menschen größtenteils zu vermeiden, kann man als einzelne Person im Alltag mehrere Sachen tun. Es ist natürlich wichtig, so wenig Plastikverpackungen wie möglich zu benutzen und den Müll nicht am Strand oder generell in der Umwelt zu hinterlassen. Außerdem kann man bestimmte Organisationen, z.B. OEOO, die auch einen Sitz in Kiel haben, mit Geld und/oder Mitarbeit unterstützen, die dann Müll sammeln oder sich in anderen Ländern für bessere Müllentsorgungssysteme einsetzen.

Das Meer ist alles andere als gesund und auch wenn man das im Alltag und am Strand nie so wirklich sieht und der Schutz des Meeres schon so lange ein Thema ist, wird es jedoch nie weniger wichtig - damit wir nicht irgendwann in einem Europa aus Müll leben.

 

 

 
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