Der Aufstieg der Langsamkeit

Enno H., 8a, Alstergymnasium 15. November 2024 3 Kommentar(e)

Warum es Zeit ist, das 'Entschleunigen' wieder ernst zu nehmen

In einer Zeit, die immer schneller wird – 5G, Instant-Nachrichten, Lieferungen in Rekordzeit – ist es fast schon ein rebellischer Akt, sich einfach mal Zeit zu lassen. Wer heutzutage in einem Café sitzt und einfach nur seinen Kaffee trinkt, wird schnell mit mitleidigen Blicken konfrontiert, als hätte er gerade die neuesten Weltraumnachrichten verpasst. „Warum nicht die fünf offenen Tabs durchchecken?“, fragt der moderne Mensch in uns. „Warum nicht mit einem GPS-Tracker die exakt effizienteste Route zum nächsten Termin finden?“ Doch halt! Vielleicht gibt es noch eine ganz andere Möglichkeit, die eigene Lebensweise zu betrachten: Langsamkeit.

Langsamkeit – ein Konzept, das schon fast nostalgisch klingt. Früher, ja früher, da gab es noch den „Sonntagnachmittag“. Ein Nachmittag, der nicht durchgeplant war, sondern einfach passierte. Der Einkauf wurde in Ruhe erledigt, das Gespräch mit der Nachbarin zog sich über Minuten und niemand musste sich schämen, wenn man mal ein bisschen länger auf den Bus wartete. Heute hingegen ist jeder Moment ein Wettlauf gegen die Zeit. Wer bremst, verliert. Und der, der langsam geht, ist am Ende der, der am meisten zu verlieren hat, oder etwa nicht?

Doch vielleicht sollten wir die Sache einmal anders betrachten. Nehmen wir den Trend des „Slow Movements“, der uns vor Augen führt, dass Langsamkeit durchaus ein Privileg ist – und vor allem: eine Entscheidung. Wer sich entscheidet, die Dinge langsamer anzugehen, entscheidet sich für Qualität. Die Frage ist nur, wie man sich diesen Luxus wieder leisten kann, ohne dass der Chef einen zu einem Gespräch bittet, das mit den Worten „Zeitmanagement“ und „Produktivität“ beginnt.

Und genau hier liegt die Krux: Langsamkeit wird gerne als ein Zeichen des Unvermögens oder der Faulheit abgetan. Doch was, wenn diese Langsamkeit nicht Schwäche ist, sondern Stärke? Was, wenn wir nicht mehr jedem Trend hinterherlaufen, jeder Deadline nachjagen müssen? Ein Gedanke, der fast revolutionär anmutet.

Aber Vorsicht, hier sind wir wieder bei dem Blick aus der Café-Ecke: „Was, wenn ich nicht multitasken kann? Was, wenn ich mich in einem langsamen Moment verliere und die Welt an mir vorbeizieht?“ Nichts. Es passiert schlichtweg nichts. Im Gegenteil – du genießt den Moment, während alle anderen hinterherhasten. Du hast das Gefühl, der einzige Mensch auf Erden zu sein, der weiß, wie man wirklich lebt.

Also, liebe Leserinnen und Leser, der nächste Schritt ist klar: Lasst uns die Langsamkeit wieder als Lifestyle entdecken. Verzichten wir auf das nächste „Produktivitätsseminar“ und gönnen wir uns stattdessen eine Stunde völliger Untätigkeit. Vielleicht ist es ja genau das, was uns in dieser hektischen Welt wirklich fehlt.

 
3 Kommentar(e)
  1. Promedia Maassen
    18. November 2024

    Lieber Enno! Welch schönes Plädoyer für mehr Langsamkeit im Alltag. Besonders jetzt, in der Vorweihnachtszeit, die eigentlich auch besinnlich sein soll, artet es gern in Terminhetzerei aus und es wäre schön, es uns allen gelingt, zumindest die vier Adventssonntage "einfach passieren zu lassen". Liebe Grüße Dein MiSch-Projektteam Carina und Kerstin
  2. Mats Tillmann
    19. November 2024

    Enno, Das war eine richtig gute Glosse. Es war ziemlich spannend zu lesen, was einem fehlt. Man sieht das Leben mal von einer anderen Seite als immer schneller, schneller, schneller. Einfach mal entspannen, ist was man wirklich braucht. Ich denke es ist besser für die psychische Gesundheit nicht immer dem Alltagsstress ausgesetzt zu sein, sondern einfach mal die Welt, Welt sein zu lassen. Danke für diesen tollen Beitrag.
  3. Marion
    19. November 2024

    Hallo Enno,das ist wirklich ein sehr toller Beitrag. Die Menschen eilen heute von Termin zu Termin um ja nichts zu verpassen.Manchmal ist weniger auch mehr eine Sache genießen und nicht schon an die nächste denken.Ich hoffe das viele deinen Beitrag lesen und überlegen wie sie "entschleunigen "können.

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