Die Highlander von Behrensdorf

WPU Medienpraxis (Gymnasium Lütjenburg) 20. November 2019 2 Kommentar(e)
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von Luisa Richter

Langsam verzieht sich der morgendliche Hochnebel auf dem Behrensdorfer Deich, die Natur zwischen Salzwiesen und Binnensee erwacht und die ersten Sonnenstrahlen treffen auf die wuscheligen rotbraunen Zottelpelze der Schottischen Hochlandrinder. Sie grasen friedlich, strecken ihre stolzen, robusten Hörner in die Luft, ihr ruhiger Atem haucht kleine Dunstwolken aus den Nüstern und nur ihr Anblick vermittelt Ruhe und Gelassenheit. Mittlerweile gehören die Highlander wie Möwe, Kranich, Schwarz Bunte und Co. in die Tierwelt von Schleswig-Holstein.

Wie kommen aber nur die Highlander von Schottland ausgerechnet nach Behrensdorf? Die Umsiedlung der ersten Highlander von Schottland nach Behrensdorf liegt jetzt mittlerweile 34 Jahre zurück und man blickt auf eine wirklich spannende Geschichte und das Lebenswerk von Richard Kiene zurück, der vom Banker zum Biobauern wurde.

Der gelernte Groß- und Einzelhandelskaufmann arbeitet nach seiner Lehre in einer Bank in Schönberg als Buchhalter und Kassierer aber träumt von anderen Dingen, fernab vom Bankerdasein verfestigt sich seine eigentliche Leidenschaft zur ökologischen Landwirtschaft und dem Traum von einer Highlanderzucht immer mehr, sodass er 1985 mit seiner Frau Uschi nach Schottland reist, um zwei schottische Hochlandrinder zu kaufen. Mittlerweile hat der Hof Kiene den größten Highlander-Bestand in ganz Schleswig-Holstein. Mehr als 300 Rinder, die das ganze Jahr draußen bleiben, sind auf 60 naturbelassenen Weiden verteilt, sagt Keine, ,, Unsere Weiden reichen von Kiel bis zum Oldenburger Graben, Plön, Preetz und Bosau - und nicht zuletzt die Bischhofswarder Insel im Plöner See.''

Seit 1885 werden Schottische Hochlandrinder gezüchtet, bedeutend hierfür ist, dass sie in Reinzucht und ohne eine Einkreuzung von leistungssteigernden Genen anderer Rassen gezüchtet werden. Deutschland ist mittlerweile das größte Zuchtgebiet mit 3700 eingetragenen Tieren auf dem europäischen Festland.
Im Jahre 1978 sind die Ersten Hochlandrinder nach Schleswig-Holstein gekommen und sind so die Ersten ihrer Art in Deutschland.
Mittlerweile gibt es in Schleswig-Holstein mehr Highlander als in Schottland.

Die Hochlandrinder gehören zu den genügsamsten Rinderrassen überhaupt. Sie sind sehr robuste Tiere, denn ihre Herkunft, das schottische Hochland, ist bekannt für die rauen Klimabedingungen. Dort sind sie ständigem Wind und Stürmen ausgesetzt. Die nassen, rauen Winter und Sommer bringen wenig ergiebige Weiden. Die Haltung der Rasse ist dadurch ideal für den Landschafts- und Naturschutz gerade in Feuchtgebieten und Küstenlandschaften entlang der Ostsee. Ihr dickes, mehrschichtiges und zotteliges Fell ist eine wichtige Schutzfunktion gegen extreme Wettereinflüsse. Mit ihrem Wander- und Fressverhalten sorgen die Tiere ganz nebenbei für die Erhaltung und Pflege von Fauna und Flora. Die Kälber dürfen bei ihren Müttern aufwachsen und ihre stolzen Hörner entwickeln, was im Zeitalter der Massentierhaltung nicht selbstverständlich ist. Oft hört man entzückte Ausrufe von kleinen Kindern, die auf dem Land mit ihren Eltern Urlaub machen und versuchen den kleinen, gutmütigen Teddynachwuchs durch den Zaun zu streicheln.

Highlander können meist bis zu 20 Jahre alt werden. Ganz selten sieht man welche, die weiß, schwarz, gestromt oder gefleckt sind. Highlander haben sehr imposante Hörner. Ihr Maul ist breit und kurz mit großen Nüstern. Ihre Augen sind meist groß, glänzend lebhaft und freundlich, wie ihr Charakter. Vitalität, Langlebigkeit, Ursprünglichkeit sowie ihr sanftmütiges Wesen sind typisch für die Highlander.

Sie brauchen nicht unbedingt einen Stall, denn die Tiere können das ganze Jahr draußen bleiben. Es genügt ein überdachter Futterstand mit Raufutter und eine gesicherte Wasserversorgung. In der Regel fressen sie das, was auf den Weideflächen wächst, wie zum Beispiel Gras, alte und raufaserige Gräser, Stauden sowie Gehölze. Sie reduzieren die Verbuschung und schaffen somit Platz für andere Pflanzenarten. Die Tiere brauchen kein Getreide und keine Sojabohnen, die importiert werden müssen, keine Gentechnik und keine Pflanzengifte.

Das Ehepaar Kiene gehört zu den ersten Pächtern des Stiftungslandes der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Das biozertifizierte Weideland der Familie Kiene erstreckt sich über Rund 500 Hektar Fläche wovon die Hälfte in Naturschutzgebieten liegt.

Über 30 Jahre verbringt R. Kiene draußen bei den Rindern und ihm wird die Arbeit mit den Rindern nicht langweilig. Aus der NDR-NaturNah-Reihe kennen ihn bereits viele Menschen als ,,Den Highlander''. Unermüdlich und immer mit einer gewissen Ruhe setzt er die Robustrinderhaltung um. Auf Halfterführigkeit legt er bei den Tieren großen Wert und er sagt selbst, ,,Wenn die das einmal gelernt habe, können sie es ein Leben lang!'' Den Büroalltag als Bankkaufmann kann er jedoch nicht komplett hinter sich lassen, denn der Betrieb treibt ihn durch viele Auflagen und Vorgaben in der Landwirtschaft oft an den Schreibtisch zurück. Unerschütterlich und geradlinig widmet er sich all diesen Anforderungen und Aufgaben. Wer ihn einmal auf dem Hof angetroffen und kennengelernt hat oder eines der vielen Hoffeste besucht hat, merkt sofort, dass er seine Freude an der Arbeit mit den Tieren und das Wissen darüber leidenschaftlich gerne mit Anderen teilt, besonders gerne mit den kleineren Gästen -immer mit einem Augenzwinkern und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen.

Er hat ein Lebenswerk für Generationen geschaffen.

Sein Betrieb ist biozertifiziert und Uschi Kiene vermarktet das qualitativ hochwertige, leckere Fleisch der eigenen Rinder im kleinen, gut besuchten Hofladen. Da die Tiere kein Kraftfutter bekommen und sich viel im Freien bewegen, werden sie im Gegensatz zur intensiven Viehhaltung, bei der sie schnell und viel Gewicht zunehmen sollen, extensiv gehalten, das heißt, dass sie nur langsam und kontinuierlich Gewicht zunehmen, dies wirkt sich besonders auf den typischen, feinen, aromatischen, leicht nussigen Geschmack des Fleisches aus. Es ist ein sehr mageres Fleisch und hat feine Fettäderchen. Im Gegensatz zum herkömmlichen Rindfleisch hat es einen höheren Omega-3-Fettsäurengehalt, ist fett- und cholesterinarm und hat einen hohen Anteil wertvoller Proteine. Der Hofladen bietet viele weitere Köstlichkeiten vom Hochlandrind, wie zum Beispiel Salami, Gulasch, Rouladen, mit Liebe gemachte Frikadellen an. Auch die eigenen Eier werden jeden Tag gesammelt und zum Verkauf angeboten. Im Hofladen wird gerne und bewusst regional eingekauft, was in der heutigen Zeit immer wichtiger wird, betrachtet man aktuell die Klimaproblematik. Auf dem Hof werden keine Pestizide, keine künstlichen Düngestoffe eingesetzt oder unnötige Medikamente für die Tiere verabreicht.

Aber auch die Arbeit mit den Tieren im Einklang mit Landwirtschaft und Natur ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Wer so eine Zucht betreibt hat quasi wenig Zeit für andere Dinge, wie z.B. Urlaub. Es kommt vor, dass man mitten in der Nacht noch einmal Raus muss, um einer Kuh beim Kalben Hilfestellung zu leisten oder witterungsbedingt, die Tiere umzusiedeln. Im Winter ist die Wasserversorgung sehr zeitaufwändig. Es ist sicherlich auch nicht immer leicht zwischen Naturschutz, Tierwohl, Politik und Gesetzen den richtigen Weg zu finden und diesen umzusetzen. Aber bei Richard und Uschi Kiene hat man das Gefühl, dass sie es ehrlich gut meinen.

Leider ist Richard Kiene im Frühjahr 2017 unerwartet verstorben und seine Frau führt seitdem den Betrieb mit Unterstützung der Hofmitarbeiter unermüdlich weiter.

Wir können in der heutigen Zeit nur hoffen, dass es auch noch in den weiteren Generationen Nachfolger gibt, die dieses mit Leidenschaft aufgebaute Lebenswerk der Familie, zum Wohle der Natur, der Tiere und des Klimas fortsetzten.

 

 

Quellen:
https://www.highlanderhof.de/hofgeschichte.html
http://www.highlandcattle-meiningen.de/highland-cattle-haltung/
http://www.highlandcattle-meiningen.de/besondere-eigenschaften-highland-cattle/
http://www.highland.de/highland-cattle/verbreitung-in-deutschland/
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https://docs.google.com/document/d/1214rHI8RqwuujGmQfQStl0l4JbofKes0eS5jRNbqBh4/edit
http://www.highland.de/highland-cattle/verbreitung-in-deutschland/
file:///media/fuse/drivefs-62b23de99c0bafa30c1ffe8a79ac2d7a/root/Wilden%20Weiden%20im%20Stiftungsland.mhtml

 
2 Kommentar(e)
  1. Bjarne Peick
    25. November 2019

    Ich finde, dass der Artikel sehr gelungen ist.
  2. Bjarne Peick
    25. November 2019

    Ich finde, dass der Artikel sehr gelungen ist.

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