Der Sprung ins kalte Wasser - Lehrer in Corona-Zeiten

Carl Schletter 19. November 2020
Der Schulhof der Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule zur Zeit der Corona-Krise im Mai 2020. © Foto: Carl Schletter

Wie Lehrer das Schulleben in Zeiten der Corona-Pandemie erlebt haben – ein Fallbeispiel

KIEL. Langsam stapft Holger Hansen durch die kühlen Flure der Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule in Kiel zu seinem Klassenraum und damit zu seiner ersten Stunde am Tag. Aus den oberen Stockwerken hallt Geschrei von umhertobenden Kindern wider. Gelangweilt, aber aufmerksam warten die Schüler*innen der Klasse 7a bereits auf ihren Lehrer, um mit dem Matheunterricht zu beginnen.

Herr Hansen unterrichtet Mathematik und Physik an der Gemeinschaftsschule und meistert jeden Tag aufs Neue mit den vielen Coronamaßnahmen. Zu Beginn der Krise, als Mitte März von der Regierung Einschränkungen in das Privatleben der Bürger beschlossen wurden und damit auch das Home-Schooling begann, fing ebenfalls eine neue Art des Lernens an. Auf die Frage, ob man als Lehrer zu diesem Zeitpunkt mehr arbeiten musste, antwortet er: "Tatsächlich gab es für mich nur zeitweise mehr Arbeit, aber von Kollegen habe ich gehört, dass sie mit der neuen Situation weniger gut zurecht gekommen sind."

Bis zu den Sommerferien dauerte diese Situation an und kostete eine Menge Kraft und Motivation, "Jedoch kamen alle mit neuen Kräften aus den sechs Wochen zurück", so Hansen. Diese wurde auch mehr als gebraucht, denn gleich am ersten Schultag nach den Ferien ging der Unterricht wie gewohnt weiter, nur mit Mund-Nasen-Masken noch oben drauf. "Es war erträglich, aber angenehm ist anders", sagt der Mathematik und Physik unterrichtende Lehrer. Endlich ist er an der Tür zum Klassenraum angekommen, geht hindurch, stationiert seine schwere Tasche, in der er alle seine Materialien dabei hat, auf dem Pult und wartet, bis die Schüler alle leise geworden sind. Nach kurzer Zeit ist es soweit und der Unterricht kann beginnen.

Von den Sommerferien bis zu den Herbstferien ging es so weiter mit den anstrengenden langen Tagen. Aber zwei Wochen Urlaub, selbst wenn man nicht wegfahren konnte, geben wieder Stärke. In diesen entschied das Ministerium für Schleswig-Holstein, bis zum 1. November auch im Unterricht eine Maskenpflicht einzuführen, um das Risiko einer Infektion zu senken. "Es hat natürlich seinen Nutzen, aber richtig viel bringen die Masken auch nicht. Nach einer Stunde sind sie meistens schon feucht, weil sie beim Sprechen und Atmen eben Feuchtigkeit aufnehmen, und es ist bewiesen, dass nasse Masken sehr durchlässig sind, was Viren betrifft", erklärt Herr Hansen. Bald stellte sich aber heraus, dass die Pflicht nicht bei zwei Wochen verbleiben würde. In den Gesichtern der Schüler der Klasse 7a sieht man jedoch kaum Furcht vor dem Virus und trotzdem gibt es kaum Verstöße gegen die Corona-Auflagen.

Allesamt sitzen sie auf ihren Plätzen mit Masken im Gesicht und manche mit warmen Jacken, Schälen, Mützen oder gar Decken, denn mit dem offiziellen Lüftungsplan ist nicht zu spaßen. Alle zwanzig Minuten muss der gesamte Klassenraum für mindestens drei Minuten quergelüftet werden, um potenzielle Viren in der Luft herauszubefördern. „Auf jeden Fall ist es eine gute Idee, aber leider wieder nicht ganz durchdacht. Die Arbeitsbedingungen sind nicht besonders angenehm und auf jeden Fall ausbaufähig, zwar beschweren sich kaum Schüler darüber, aber es ist doch klar, dass es im Winter kaum erträglich kalt ist, und dann die Schüler konzentriert zu behalten, ist nicht möglich."

Auf die Frage, wann der Unterricht seiner Meinung nach wieder ganz normal ablaufen könnte, folgte zuerst ein Lachen: „Gute Frage. Ich glaube, dass der Winter eine schwierige Phase sein wird. Zum Sommer hin wird es aber sicher besser werden. Wir müssen erst mal mit der Situation leben, bis es nicht mehr so sein wird, dauert es ohne Zweifel ein oder zwei Jahre."

 
Dieser Eintrag hat bisher keine Kommentare

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert