Ehrenamt in Not?

Finnlay T. Röllig WPU Medienpraxis am Gym. Lütjenburg 17. November 2021
Das Ehrenamt ist viel mehr als nur ein Mehraufwand, und wie das Bild auch zeigt, das Ehrenamt ist so vielseitig wie noch nie und jeder kann sich beteiligen. © https://pixabay.com/de/photos/teamgeist-zusammenhalt-teamarbeit-2448837/

Die Bedeutsamkeit des Ehrenamts hat sich im Sommer diesen Jahres erst wieder gezeigt als große Teile Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, von einer Flutwelle überrollt wurden. Tausenden Menschen wurde über Nacht das Zuhause, die Existenz und in tragischen Fällen das Leben genommen. Die ersten Helferinnen und Helfer kamen von der Freiwilligen Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk und dem Deutschen Roten Kreuz welche in der Stunde des Schreckens erste, schnelle, benötige Hilfe geliefert haben. Egal ob Aufräumarbeiten, Personen suchen oder das Einrichten von Notunterkünften: Ohne die freiwilligen Helfer wäre das alles nicht möglich gewesen. Allein das THW war mit über 17.000 Helferinnen und Helfern vor Ort, die beinahe rund um die Uhr geholfen haben, Sandsäcke zu befüllen oder eine Trinkwasserversorgung herzustellen.

Ehrenamt, was ist das eigentlich? Eine allgemeingültige Definition für ein so vielseitiges Thema wie das Ehrenamt zu finden, ist nicht so einfach. Heruntergebrochen kann man sagen wenn eine Einzelperson oder eine Gruppe uneigennützig und für das Wohl von anderen arbeitet, dann handelt es sich um zivilgesellschaftliches Engagement, kurz "Ehrenamt". Die Arbeit ist meistens unbezahlt, manchmal werden aber Aufwandspauschalen gewährt. Klassische ehrenamtliche Tätigkeiten findet man zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk (THW), bei der Freiwilligen Feuerwehr, bei den Tafeln oder auch in sozialen Einrichtungen. Fast jeder Bürger ist in seinem Leben schon einmal mit dem Ehrenamt in Kontakt gekommen. Und trotzdem hört man aus vielen Vereinen und Institutionen die Klage, dass sie nicht genug Mitglieder finden.

Wie entstand das Ehrenamt überhaupt? Armen zu helfen hat in der christlichen Kirche Tradition, doch es beschränkte sich lange Zeit nur auf vereinzelte mildtätige Gaben: spontan, zufällig, punktuell. Die organisierte private Armenpflege durch Ehrenamtliche begann in Deutschland 1788, als der Hamburger Kaufmann Caspar Voght die Hamburger Armenanstalt gründete. Die Unterstützung der Armen sah er als Aufgabe der gesamten Gesellschaft an.

Für viele Interessierte ist das Ehrenamt zu räumlich als auch gedanklich zu weit weg, oder sie wissen gar nicht wie viele Möglichkeiten es gibt, sich zu engagieren. Zumindest sagen das über 72% der Befragten einer privaten Umfrage. Diesem Problem möchte sich die Ehrenamtsbörse in Lütjenburg seit 2015 entgegenstellen. Sie hat es sich zur freiwilligen Aufgabe gemacht, über die Diversität an Vereinen und Ehrenämtern zu informieren. Die Ehrenamtsbörse Lütjenburg ist eine freiwillige Beratungsstelle, um ehrenamtliches Engagement in Lütjenburg und Region zu unterstützen und zwischen Interessierten und Vereinen zu vermitteln.

Dort kann man sich jeden Montag von 16.00 bis 18.00 Uhr kostenlos beraten lassen, um das passende Ehrenamt zu finden. Was viele überrascht: Es ist auch möglich, sich als Vollzeit-Berufstätiger ehrenamtlich zu engagieren. Denn ca. 55% der Befragten einer Umfrage geben an "Das Ehrenamt müsste zeitlich flexibler werden". Doch woran liegt es, dass die Menschen kaum noch Zeit für das Ehrenamt haben? 15% der Lebenszeit verbringt ein Deutscher im Schnitt vor dem Fernseher, das entspricht einem Leben von 78 Jahren rund 12 Jahren. Aber nicht nur die Zeit vor dem Fernseher wird immer größer, sondern auch die im Arbeitsleben. Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt, dass ein Deutscher durchschnittlich etwa 7,9 Stunden täglich Arbeitet. Neben Familie, Alltag und Kindern bleibt bei vielen keine Zeit mehr für das Ehrenamt. Und trotzdem engagieren sich viele, denn Ehrenamt ist viel mehr als nur eine Belastung.

"Das Ehrenamt ist eine Erfahrung die einen in jeglicher Hinsicht weiterbringt. Sei es die eigene Persönlichkeit oder auch beruflich und im eigenen Denken. Man hilft sich selbst und seinen Mitmenschen. Und wenn man es richtig macht hat man auch Spaß und lernt viele neue Menschen kennen." --aus einer anonymen Umfrage

Die Mitbürger, die bereits im Ehrenamt tätig sind, nennen als häufigsten Grund für ihr Engagement es sei ihr Hobby und sie treffen dort ihre Freunde. Das zeigt, dass Ehrenamt für viele ein Ausgleich für ihr berufliches oder schulisches Leben ist. Nichtsdestotrotz belastet das Ehrenamt etwa 45 % der Befragten. Das kann verschiedene Gründe haben. Etwa den hohen zeitlichen Aufwand sowie physische als auch psychisch Belastung. Trotz der physischen Belastung ist für viele Ehrenamtler das soziale Engagement ausschlaggebend für ihr Handeln. Jemandem Helfen, der sich gerade selbst nicht zu helfen weiß, ist der Ansporn für viele, gerade bei der Freiwilligen Feuerwehr.

"Stell dir vor es brennt und keiner löscht. Was dann? Ehrenamtler haben auch nicht mehr Zeit als andere und trotzdem helfen sie dir in der Not, ohne darauf bedacht zu sein, was für sie selbst dabei rausspringt. Es tut nicht weh, anderen zu helfen... ganz im Gegenteil ehrenamtliches Engagement gibt dir die Chance, Dinge zu bewegen. Zudem stärkt das soziale Engagement das eigene Selbstbewusstsein und verbessert die Selbsteinschätzung, weil man sich als selbst wirksam erlebt. Menschen, die regelmäßig anderen helfen, erleben ein Erfolgserlebnis." --aus einer anonymen Umfrage

"Das Ehrenamt ist kein Mittel, um sich selbst aus der Verantwortung zu ziehen oder um sich gesellschaftsproblematischen Dinge zu gestatten, aber ein guter Weg, um sich zu engagieren, anderen Menschen zu helfen und ein Zeichen zu setzen." -- Ich finde, dieses Zitat fasst die Thematik um das Ehrenamt gut zusammen es zeigt , dass Ehrenamt ein Mehraufwand im Alltag ist, welcher einen selbst, aber auch seinen Mitmenschen einen gemeinschaftlichen Nutzen bietet und damit für die Gesellschaft unabdingbar ist.

 
Dieser Eintrag hat bisher keine Kommentare

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert