Ungenaue Wettervorhersage durch Corona - alles nur ein Mythos

Mia Häger, Marina Kruse, Maya Helmer (Gym Ahz, 9a) 16. November 2021 5 Kommentar(e)
Collage zum Thema: Corona- Wettervorhersage- Flugzeuge © iStock und FREEIMAGES

Wie ein Wetterbericht funktioniert und wie er sich während der Pandemiezeit entwickelt hat

 „Das Wetter ist ja mal wieder komplett schlecht. Diesen Regen hätten sie ja auch mal ansagen können!” beschwerte sich während des letzten Lockdowns die Oma einer der Autorinnen. Oft bekommt man mit, die Pandemie habe viel verändert, jedoch können bei dieser Aussage schnell Unwahrheiten verbreitet und Gerüchte gestreut werden. Wir haben uns gefragt, was davon speziell beim Thema Wetter und Wettervorhersage jetzt stimmt, was eher nicht und wie eine Wetterprognose überhaupt funktioniert.

Fakt ist: die meisten Anschuldigungen in diesem Themenbereich entsprechen nicht der Realität. Dieser Mythos wurde besonders durch die sozialen Medien verbreitet und vermutlich ist der Gedanke dahinter, dass durch das Coronavirus weniger Flugzeuge geflogen sind, die in der Wetterforschung beteiligt sind. Im Rahmen des MiSch-Projektes der Kieler Nachrichten haben wir uns genauer damit beschäftigt und mit den Experten Kent Heinemann (Wetterwelt in Kiel) und Sven Taxwedel (GeoInfo-Dienst der Bundeswehr) gesprochen.  

Zunächst haben wir uns mit dem Wetter und der Wettervorhersage an sich auseinandergesetzt.

Wie werden Informationen gesammelt und Wettermodelle dargestellt? „Das Wetter ist ein bestimmter Zustand der gesamten Erdatmosphäre zu einem ganz konkreten Zeitpunkt“, erklärte uns Sven Taxwedel, der als Wetterberater in der METOC-Beratung für Schiffe, Hubschrauber und Flugzeuge im Betrieb der Marine arbeitet. Um es zu messen, muss man also die komplette Atmosphäre gleichzeitig aufzeichnen und daraus dann Vorhersagen für die Zukunft schließen.

Im Gespräch mit ihm haben wir erfahren, dass sich die Beobachtung des Wetters besonders seit den 1960er Jahren durch die Möglichkeit der Fernerkundung revolutionär verändert hat. Ungefähr 80 % der Erkundung wird über Satelliten gemacht. Diese enthalten verschiedene Sensoren, die in allen Spektralbereichen messen. Dabei muss nicht nur auf Temperatur oder Luftfeuchtigkeit geachtet werden, sondern auch auf verschiedene Lichtwellen oder Wolkenbildung. Die restlichen 20% werden durch Beobachtungsstationen am Boden, Flugzeugerkundung, Ballonaufstiege oder Radarstationen bestimmt. Dabei bestimmen die Messhäuschen am Boden vor allem offensichtliche Daten wie die Temperatur oder den Niederschlag, wozu es Messfelder gibt, auf denen einmal stündlich z.B. die Schneehöhe auf einem bestimmten Gebiet gemessen wird. Diese Messfelder werden nach dem Messen wieder gesäubert, sodass eine Stunde später wieder neue Werte aufgezeichnet werden können. Radarstationen dienen dazu, durch Reflektion und Partikelberechnung Niederschlagsart und -menge in der Zukunft zu berechnen und durch das Aufsteigen eines Wetterballons oder durch ein Flugzeug werden Messungen in der Höhe oder über den Ozeanen gemacht.

All diese gemessenen Daten werden dann zu sogenannten Supercomputern in den Zentralen des jeweiligen Wetterdienstes übertragen. Diese berechnen daraufhin mithilfe komplexer Gleichungen das aktuelle Wetter und die Vorhersage und stellen beides graphisch auf einer Wetterkarte oder einem Wettermodell dar. Dabei werden alle Daten assimiliert, also in einen Zustand gebracht, in dem der Computer ein festes Gitter in Raum und Zeit mit verschiedenen Gitterpunkten überall in der Atmosphäre hat. Dies bedeutet, er könnte exemplarisch genau sagen, wie viele Sonnenstunden es heute in Tokyo gibt. Dadurch, dass es noch keine genauen Messwerte aus der Zukunft gibt, wird mit einer Art Variablen gerechnet. Das sorgt dafür, dass einige Modelle besser die Prognose für die nächsten paar Stunden bestimmen und andere eher das Wetter für die folgende Woche berechnen. Zu den Aufgaben eines Meteorologen gehört es, aus all diesen Wettermodellen eine möglichst genaue Vorhersage zu formulieren, die wir dann beispielsweise in der Zeitung oder im Fernsehen sehen können.

Durch Covid-19 ist ein großer Teil der Flugerkundung weggebrochen. Laut Kent Heinemann, der sich bei der Wetterwelt Kiel vor allem mit Wetterprognosen für die Medien beschäftigt, sind im Vergleich von April 2019, also vor der Pandemie, und April 2020, während des Lockdowns, 100.000 bis 150.000 Personen- und Privatflugzeuge weniger weltweit gestartet. Dies könnte durchaus eine Veränderung in der Vorhersage bewirken, denn schließlich zählen diese Flugerkundungen zusammen mit den Wetterballonaufstiegen bis zu 10 % in der Datenmessung. Sie werden häufig für die Erkundung des Luftraums zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Kontinent genutzt. „Besonders durch die Frequenz der Flugzeuge, die dort fliegen, hat man natürlich ein gewisses Bild, wie beispielsweise Tiefdruckgebiete über dem Atlantik entstehen oder eben nicht entstehen. Das hat man zwar auch als Fernerkundung in Form von Satelliten, aber eben besonders zu Beginn einer Tiefdruckentstehung auch in Form von Daten, die halt zunächst in der Höhe zu finden sind“, erklärte Kent Heinemann. Wir erfuhren allerdings auch von ihm, dass dieser Teil zwar in den Messungen gefehlt habe, aber der Einfluss dieses Fehlens in der Genauigkeit der Vorhersage kaum zu spüren gewesen sei.

Auch Sven Taxwedel konnte uns dies bestätigen. Er erklärte, wenn die fehlenden Flugzeuge einen Effekt auf die Vorhersage gehabt hätten, dann wäre dieser von anderer Natur gewesen. Wenn von einem Tag auf den anderen keine, beziehungsweise nur noch sehr wenige Flieger in der Atmosphäre wären, hätte es kurzzeitig zu einigen Unstimmigkeiten bei der Wetterbeobachtung durch die Satelliten kommen können, da die Flugzeuge normalerweise Abgase in der Luft hinterlassen, die bei der Fernerkundung registriert werden. Es wäre allerdings ziemlich schnell möglich gewesen, die Vorhersage darauf einzustellen, sodass die Genauigkeit dementsprechend erhalten geblieben wäre.

 

Aktuell befinden wir uns wieder fast in der Lage von 2019, was den Flugverkehr angeht. Viele Menschen fahren trotz der Corona-Pandemie wieder in den Urlaub und das auch nicht selten mit dem Flieger. Dies bedeutet, selbst dieser minimale Einfluss, den der im Lockdown ausgebliebene Flugverkehr auf die Wettervorhersage gehabt hätte, wäre jetzt nicht mehr da. Es lässt sich abschließend also sagen, dass es sich bei der Aussage, Covid-19 nehme Einfluss auf die Prognose des Wetters, nur um einen Mythos handelt, der sich vor allem durch die sozialen Medien verbreitet.

 
5 Kommentar(e)
  1. Maya Helmer
    18. November 2021

    Sehr geehrtes MiSch-Team, Ich wollte Sie gerne darauf hinweisen, dass der ursprüngliche Titel unseres Beitrages ,,Ungenaue Wettervorhersage durch Corona - alles nur ein Mythos!“ lautet. Leider war aber das Titelfeld nicht lang genug dafür, sodass unser Lehrer den Titel ändern musste. Mit freundlichen Grüßen, Marina Kruse, Mia Häger und Maya Helmer
  2. Promedia Maassen
    18. November 2021

    Hallo liebe Marina, Mia und Maya, wir haben euren Titel geändert :) Liebe Grüße Euer MISch-Team
  3. Lilly
    23. November 2021

    Super toller Artikel, habe nichts auszusetzen. Einfach toll.
  4. Monique
    28. November 2021

    Guter, sehr genauer Artikel. Ich habe tatsächlich gedacht, das die geringere Anzahl der Flüge einen größeren Einfluß hat. Wie immer: soziale Medien sind oft keine zuverlässige Quelle:))
  5. Lars
    28. November 2021

    Wirklich interessant und auf eine noch schnell lesbare Länge zusammengefasst. Ihr solltet euch noch anderen Corona Themen annehmen und sie auf Mythos oder Wahrheit untersuchen

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