Verlust der kleinen Helden

Maria Vehrs WPU. Medienpraxis am Gym. Lütjenburg 16. November 2021

Die von vielen verhassten Sechsbeiner werden von Jahr zu Jahr weniger, doch wissen viele kaum, wie wichtig sie eigentlich sind.

Insektensterben. Seit vielen Jahren hört man von dem Rückgang der Insektenpopulation, welche durch die Industrielle Landwirtschaft zustande kommen soll, doch wie viel ist da dran?
Gut 70 Prozent aller Tierarten sind Insekten, damit sind sie ganz klar die artenreichste Tierart weltweit. Dieses Verhältnis gilt natürlich auch für Deutschland, hier sind etwa 48.000 nachgewiesene Tierarten, wovon über 33.000 Insekten sind.
Der NABU schreibt auf seiner Website von Untersuchungen in Nordrhein-Westfalen welche zeigen, dass dort an manchen Orten die Population der Fluginsekten um bis zu 80 Prozent zurückgegangen ist. Doch das verringerte Auftreten von den Insekten hinterlässt seine Spuren. Man kann bei ihnen von der Grundlage des Ökosystems sprechen.

Eine Studie, welche im Januar 2019 im Fachmagazin „Biological Conservation" veröffentlicht wurde, gab an, dass mehr als 40 Prozent des weltweiten Insektenbestandes vom Aussterben bedroht ist. Vor allem betroffen sind in Europa Schmetterlinge, Mistkäfer und Hautflügler wie Bienen und Ameisen.
Mehr als die Hälfte der 561 Wildbienenarten in Deutschland stehen bereits auf der Roten Liste und sind in ihrem Bestand bedroht.
Hierzu äußerte sich der ehemalige NABU-Präsident Olaf Tschimpke kurz nach der Veröffentlichung dieser Studie mit den folgenden Worten.

„Die Studienergebnisse sind alarmierend. Wenn in Kürze fast jede zweite Insektenart ausstirbt, drohen uns katastrophale Folgen. Denn Insekten sind die Grundlage unserer Ökosysteme. Fehlen sie, werden Pflanzen und Bäume nicht mehr bestäubt, finden Fische weniger Nahrung und Pflanzenschädlinge werden nicht mehr auf natürliche Weise gestoppt. Wir brauchen daher dringend eine naturverträglichere Agrarpolitik, die Insekten und ihre Lebensräume schützt."


Es ist nicht abzustreiten, dass die konventionelle Landwirtschaft ihren Teil beiträgt und keinen kleinen. Ihre Pestizide und Düngemittel ist die Hauptursache, dass die Insektenfauna von Jahr zu Jahr weniger werden.
Vor allem in Schleswig-Holstein beansprucht die Landwirtschaft von allen Nutzungsformen mit Abstand den größten Flächenanteil für sich.
Ein weiterer Grund für diesen Insektenschwund ist die Tatsache, dass der Lebensraum von ihnen immer kleiner wird. Vieles steckt dahinter, ein Punkt hierbei ist die Rodung riesiger Waldflächen für die Schaffung von Agrarfläche, die Ernte von Bau- und Nutzholz und für die Viehhaltung. Auch das Bebauen von Naturwiesen oder die Entfernung kleiner Knicks nimmt ihnen den Platz zum Leben.
Die Folgen des Insektensterben häufen sich, eine hierbei ist, dass durch das verringerte auftreten der Insekten weniger Blüten bestäubt werden, weshalb die Ernte von Obst und Gemüse aufwendiger und weniger ausfallen kann. Es muss dann zum Teil von Hand bestäubt werden, was natürlich durch den Aufwand die Preise der Produkte etwas anhebt. Bei den Blumen ist dasselbe Problem vorhanden, sie werden nicht mehr so zahlreich bestäubt.
Mit ihrem Rückgang haben auch andere Tiere wie Amphibien oder Vögel, die sich von ihnen ernähren ein großes Problem. Nicht nur da vielen von ihnen durch die Rodungen mit den Insekten zusammen ihre Heimat verlieren, auch ihre Hauptnahrungsquelle, die Insekten, fehlt ihnen, weshalb das Großziehen ihrer Jungen ein echtes Problem darstellen kann. Ganze Nahrungsketten können gestört werden.
Manche von ihnen sind auch ein natürlicher Schädlingsbekämpfer, da die Raubinsekten die Schädlinge fressen, somit werden die Ausgaben der Pflanzenschutzmittel bei den Bauern gesenkt.
Termiten und Ameisen können Böden in trockenen Klimagebieten verbessern, indem sie verhärtete Böden auflockern und auch Nährstoffe hinzuführen. Sie können unfruchtbaren Boden innerhalb von einem Jahr zu total nährstoffreichem fruchtbarem machen, heißt anders herum ohne sie können Wüsten sich schneller ausbreiten und Ernten können schlecht verlaufen, da die Bodenqualität nachlässt.
Der Stoffkreislauf in der Natur würde mit ihren Schwund zusammenbrechen. Denn auch spielen Insekten einen wichtigen Aspekt dabei, dass die Böden fruchtbar und das Wasser sauber bleibt. Zum Beispiel tragen die im Boden lebenden Insekten dazu bei, dass Blätter und Holz kompostiert werden und der Kot oder Kadaver anderer Tiere zersetzt und abgebaut wird.

Die Bundesregierung hatte 2019 im Koalitionsvertrag vereinbart, mit dem "Aktionsprogramm Insektenschutz", dem Insektensterben entgegenzuwirken. Dieses Programm soll die Lebensbedingungen für Insekten und die biologische Vielfalt in Deutschland verbessern.
Jedoch wie wirksam ist diese beim genaueren Betrachten?

"Aktionsprogramm Insektenschutz" hatte zügig, viel Kritik bekommen:
Nicolas Schoof, Rainer Luick und Nico Paech, Autoren einer wissenschaftlichen Untersuchung des Aktionsprogramm kritisieren unter anderem, dass das Aktionsprogramm auf Lebensräume in Städten fokussiert ist, während Lebensräume, die im Sinne des Insektenschutzes eine größere Rolle spielen, wie Moore, Heiden oder Magerweiden, nicht direkt angesprochen werden.
Dies war nur ein Kriterium von mehreren aufgegriffenen Themenbereichen der Untersuchung. Alles in allem kommen die eben genannten Autoren daher zu dem Schluss, dass auf nationaler Ebene ein Programm fehlt, das die notwendige Endwicklung hin zu einer nachhaltigen Landnutzung einleitet und die Wirksamkeit des Aktionsprogramms eher begrenzt bleiben wird.
Allgemein kann man hierzu noch sagen, dass einerseits die Naturorganisationen die Maßnahmen dieses Programms für eher negativ halten, da diese zu unpräzise und nicht ziel fixiert sind. Andererseits sind auch wesentliche Akteure der Landwirtschaft gegen das Aktionsprogramm, da es zu wenig die Interessen der Landwirtschaft berücksichtigt, weshalb man sagen kann, dass zu wenig Ursachenforschung für das Programm betrieben worden ist.
Die Grünen schreiben auf ihrer Website, dass sie seit Jahren für eine Landwirtschaft die Bienen am leben lässt kämpft
Harald Ebner ein Bundestagsmitglied der Grünen brachte mit den Motto „viel weniger gifte, viel mehr blühten" den Kern einer insektenfreundlicheren Landwirtschaft auf den Punkt. Wichtig hierbei ist die Förderung von alternativen zur Giftspritze, was in der Regierung bisher deutlich vernachlässigt wurde. Die Landwirtschaft kommt der Digitalisierung immer näher und diese muss genutzt werden, indem ökologisch bessere Anbausystemewie Mischkulturen erleichtert werden.
Friedrich Ostendorff ein weiteres Bundestagsmitglied der Grünen betonte die Wichtigkeit von Strukturelementen wie hecken und Gehölzen in der Kulturlandschaft, da diese einen Lebensraum für die Insekten darstellen.
Die EU-Agrarförderung müsste auf den Erhalt bäuerlicher und umweltfreundlich arbeitender Betriebe ausgerichtet werden.
Aber nicht nur große betriebe können den kleinen Tieren helfen, jeder einzelne Gartenbesitzer kann den kleinen Tieren helfen, nur durch kleinigkeiten wie zum Beispiel im eignenden Garten eine große Vielfalt von heimischen Blumen zu sähen. Diese sind für Wildbienen quellen für -nektar und Pollen, aber auch ein Großteil an Nutzpflanzen erfüllen diesen Zweck.
Zudem sollte auf Steingärten und Kieswege verzichtet werden, diese sind eine wahre Katastrophe für Insekten.
Holzhaufen, hecken, Laubhaufen oder Natursteinmauern stellen einen Lebensraum für sie dar, so wie wenn ungenutzte teile des Gartens umgemäht bleiben.
Noch dazu sollten auf Chemikalien im Garten verzichtet werden, das Unkraut kann von Hand gejätet werden.
Man Kann auch Nisthilfen für um die 40 in Deutschland lebenden Wildbienenarten bauen. Dies klingt vielleicht schwerer als es ist, hierfür benötigt man, jeh nach dem was genau man bauen will, recht wenig Materialien, im Internet findet man viele einfache Anleitungen für den Bau einer solchen Nisthilfen.
Zum Schluss könnte man auch Lebensmittel aus ökologischem Landbau kaufen. Dies kostet zwar meist ein wenig mehr, aber dafür werden beim Biolandbau keine chemisch-synthetischen Pestizide und Mineraldünger eingesetzt. Da durch ist diese Art der Landwirtschaft Insektenfreundlicher, was wiederum die Artenvielfalt fördert.
Aus Sicht der NABU muss der Einsatz von Pestiziden dringend gestoppt werden um das Insektensterben zu reduzieren, Insektizide sollen laut ihnen auch nur dann zugelassen werden, wenn nachgewiesen ist, dass diese keinerlei schädigenden Auswirkungen auf unser Ökosysthem haben. Sie fordern so schnell wie möglich ein bundesweites, dauerhaftes und Flächenabdeckendes Insektenmonitoring aufzubauen.
Der deutsche Bauernverband hingegen schrieb auf seiner Website von einem Vortrag, welcher auf den Bauerntag am 16 Januar, vom Biologen Dr. Claus Albrecht gehalten wurde. Dieser Vortrag hatte den Titel „Mögliche Ursachen für das Insektensterben in den offenen Agrarlandschaften des Tieflands – eine kritische Betrachtung". Hierbei konnte er die Landwirtschaft nicht als zwingenden Verursacher ausmachen.
Er kritisierte die Studie des Entomologischen Vereins Krefeld aus den Herbst 2017 wonach zwischen 1989 und 2017 die Biomasse der Fluginsekten um über 75 Prozent abgenommen haben soll.
Er meinte bei der Studie wurde nur regional begrenzt und das auch nicht immer am selben Standort gezählt. Noch dazu wurden die Werte nicht gemittelt, weshalb, beispielsweise ein ungewöhnlich kalter Frühling in welchem naturgemäß weniger Insekten vorkommen, stark in das Ergebnis mit einfloss. Und da die genutzten Fallen nur stark flugaktive Insekten fangen, kann nicht genau gesagt werden welche Insektenarten genau vom Rückgang betroffen sind.
Jedoch trotz dieser Kritik die der Biologe äußerte, leugne er nicht, dass es einen Rückgang der Insekten gibt, jedoch stehen die Ursachen dafür nicht klar.
Recht gegen Ende seiner Rede Erwähnte er, dass Landwirte welche etwas für die Insektenvielfalt in der Agrarlandschaften tun wollen, Feldrainen, flächige Dauerbrachen und Kraut- oder Blühstreifen anlegen können.

Zusammengefasst kann man sagen, dass das Insektensterben verhindert werden muss, damit unser ökosysthem aufrecht erhalten bleiben kann und hierbei können selbst kleine taten von uns ein schritt in die richtige richtung sein.

 

 

Quellen:

https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/20997.html
https://www.br.de/rote-liste/insekten-insektensterben-insektenschwund-bienen-schmetterlinge-grillen-kaefer-100.html
https://schleswig-holstein.nabu.de/politik-und-umwelt/landnutzung/landwirtschaft/praxis/30308.html
https://www.peta.de/themen/insektensterben/
https://www.nordische-esskultur.de/insekten-weltweit-vom-aussterben-bedroht/
https://de.wikipedia.org/wiki/Aktionsprogramm_Insektenschutz
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/was-jeder-gegen-das-insektensterben-tun-kann-100.html
https://Insektensterben: Ursachen keineswegs klar - Bauernverband Heilbronn-Ludwigsburg e.V. (bauernverband-hn-lb.de)
https://Was Landwirtschaft für Bienen tun muss: Grüne im Bundestag (gruene-bundestag.de)


 

 
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