Einfach über den Nord-Ostsee-Kanal schweben

Jannes Max Wegener, Klasse 7b, Ricarda-Huch-Schule 21. November 2022 2 Kommentar(e)
Schwebefähre Rendsburg © Jannes Max Wegener

Wir parken auf der Nordseite des Kanals. Vom Auto bis zur Schranke des Fähranlegers am Ufer sind es nur ein paar Schritte. Über mir befindet sich die 42 Meter hohe aus Stahlträgern bestehende Eisenbahnbrücke. Sie ist das Wahrzeichen von Rendsburg und wurde 2013 als historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland von der Bundesingenieurkammer ausgezeichnet. Von der anderen Uferseite aus kommt die 6 Meter breite und 14 Meter lange Schwebefähre direkt auf mich zu. Sie besteht aus zwei flachen Ebenen mit einem Führerhäuschen oben drauf. Sie schwebt ca. 3 Meter über dem Wasser und ist mit ungefähr 5 km/h ganz schön schnell.

Sofort stellt sich mir die Frage: Haben wir genug Geld für die Überfahrt dabei? Zum Glück kann mir Herr Winkelmann vom Wasser- und Schifffahrtsamt Nord-Ostsee-Kanal als Betreiber der Schwebefähre, den ich hier vor Ort treffe, diese Frage sofort beantworten.

Winkelmann: “Die Überfahrt ist für alle kostenlos.“

Ich: “Warum?“

Winkelmann:“ Durch den Bau des Nord-Ostsee-Kanals wurden frühere Straßenverbindungen durchtrennt. Weil da ja keiner etwas für kann, sind seit dem Bau des Kanals die Überfahrten auf den Fähren kostenlos.“

Heute ist Samstag und für November sehr schönes Wetter. Es sind viele Ausflügler mit Auto, Fahrrad und zu Fuß unterwegs und so ist die Schwebefähre schnell voll, als wir sie betreten.

Laut den ausgehängten Informationen am Fähranleger setzen täglich 520 Fahrzeuge und 1.700 Personen mit der Fähre über.

Auf meine Frage: “Was kann alles transportiert werden?“, antwortet mir Herr Winkelmann: „Die Schwebefähre kann bis zu 4 Autos und 120 Personen transportieren. Dann ist die Fähre auch voll.“

Ich frage: „Können auch Tiere transportiert werden?“

Antwort von Winkelmann: „Na klar, die wurde ja mal für den Transport von Pferdefuhrwerken gebaut. Also, solange der Besitzer sein Tier im Griff hat, wird es auch mit übergesetzt.“

Es ist ein wirklich beeindruckendes Gefühl auf der schwebenden Fähre zu stehen. In der Tiefe unter mir sehe ich das Wasser, während in der Höhe über mir dröhnend ein Zug über die Hochbrücke fährt.

Ich frage: „Die Fähre schwebt ja nicht wirklich, wie funktioniert sie?

Winkelmann: „Nein, die Schwebefähre schwebt nicht wirklich. Sie hängt mit Seilen an einem Antriebswagen, der auf der Eisenbahnhochbrücke auf Schienen fährt. Da man die Seile kaum sieht, sieht es aus, als wenn die Fähre über das Wasser schwebt.“

Ich: „Was passiert, wenn ein Schiff kommt?“

Winkelmann: „Da die Schiffe auf dem Wasser sehr schlecht bremsen können, haben die Schiffe immer Vorfahrt. Die Schwebefähre muss warten, bis das Schiff vorbeigefahren ist.“

Auf der anderen Uferseite angekommen steigen wir gar nicht erst aus und kaum 15 Minuten später befinden wir uns auch schon auf dem Weg zurück.

Ich bin erstaunt, dass die Fahrtstrecke von immerhin 125 Metern nur ca. 1,5 Minuten dauert.

Nach Ankunft an unserem Startpunkt begeben wir uns zur Schiffsbegrüßungsanlage direkt neben der Hochbrücke, die zum Restaurant „Brückenterrassen“ gehört.

Hier werden vorbeifahrende Schiffe durch Dippen (kurzes Nieder- und Aufholen) der Deutschlandfahne, einem internationalen Seefahrergruß, und Abspielen der Nationalhymne des Heimathafens des jeweiligen Schiffes begrüßt.

Ich freue mich, als der Schiffsbegrüßer über ein Mikrofon Informationen zu den Schiffen gibt.

Ich frage Herrn Winkelmann, weshalb es eigentlich nur so wenige Schwebefähren gibt.

Seine Antwort: „Weil hierfür eine Brücke erforderlich ist, auf der der Antriebswagen fährt. Das ist sehr aufwendig und teuer. In Rendsburg wurde aber sowieso eine Eisenbahnhochbrücke gebaut, da konnte man gut eine Schwebefähre ranbauen.“

Ich möchte wissen, wie alt die Schwebefähre denn ist.

Darauf antwortet mir Herr Winkelmann: „Die alte Schwebefähre verkehrte von 1913 bis 2016, also über 100 Jahre. Leider kam es zu einem Zusammenstoß mit einem Schiff, sodass die Schwebefähre neu gebaut werden musste. Sie sieht zwar fast so aus wie die alte Schwebefähre, hat aber neue Technik an Bord.“

Ich glaube, es lohnt sich, die Stadt Rendsburg nochmal wieder zu besuchen, denn die Eisenbahnhochbrücke besitzt eine Aussichtsplattform und ein Fußgängertunnel führt als Verbindung von Rendsburg nach Westerrönfeld unter dem Kanal hindurch. Außerdem gibt es noch das Jüdische Museum zu besichtigen.

Nach diesem Ausflug beneide ich die Kinder ein bisschen, für die die Fahrt mit der Schwebefähre zum täglichen Schulweg gehört. So einen Schulweg stelle ich mir einfach wunderbar vor.

 
2 Kommentar(e)
  1. Karl Hübner
    23. November 2022

    Der Bericht über die Schwebefähre Rendsburg in der Interview-Form ist eines Profi-Berichtes würdig; die Informationen betreffen die Besonderheiten der einmaligen Konstruktion plus Umfeld umfassend. Das Interview wirkt durchaus motivierend auf den Leser, Schwebefähre, Rendsburg und Umgebung selbst bei Besuch oder mehreren Besuchen persönlich in Augenschein zu nehmen - und zu "erleben." Anerkennung für dieses touristisch werbende Interview. Meine Bewertung: 3 Sterne
  2. Eva Rademann
    28. November 2022

    Als Westerrönfelderin, die in der Nähe der Schwebefähre wohnt, gefällt mir dein Erlebnisbericht gut und ist eine Einladung, auch an Einheimische, sich dieses Wahrzeichen mal genauer anzusehen. Es gibt übrigens auch die Möglichkeit, die Hochbrücke zu besteigen und auf einer Plattform von großer Höhe über den Kanal, die Schwebefähre und Rendsburg zu schauen. Danke für deinen Lokal-Bericht!

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