Lügen

Fine Trenner 11a (RBZ am Königsweg) 18. November 2022 2 Kommentar(e)
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Hast du schon deine Hausaufgaben gemacht? Warst du schon mit dem Hund draußen? Hast du schon dein Zimmer aufgeräumt? Hat dir die Baby-Born Puppe zu deinem 18. Geburtstag von deinen Großeltern gefallen? All diese Fragen kennt doch jeder und die meisten würden sie ohne die Wimpern zu zucken mit „Ja" beantworten. Aber warum? Wieso lügen wir? Was hat das für einen Sinn? Woher kommt es, dass wir so viel Lügen?
Es ist auf jeden Fall klar, dass Lügen keine angeborene Fähigkeit ist. Jedoch ist die wichtigste Voraussetzung für eine gute Lüge die Fähigkeit, sich in einen anderen Menschen hineinversetzten zu können. Denn erst wenn man verstanden hat, dass ein anderer naiver als man selbst ist, kann man ihm natürlich auch reinen Quatsch erzählen, ohne dass ihm das auffallen würde.
Ein gutes Beispiel hierfür wäre, wenn die kleinen Kinder neugierig werden und auf einmal diese eine Frage stellen: Woher kommen wir eigentlich? Für die meisten Eltern kommt diese einfache Frage meist sehr überraschend und sie wissen dann erst gar nicht wie sie den Kindern den Sex erklären wollen. Anstatt ihnen direkt die Wahrheit zu erzählen, dass Männlein und Fräulein miteinander schlafen müssen, entscheiden sich die meisten lieber bewusst für eine Lüge. Die Babys kommen natürlich mit dem Storch angeflogen!
Aber natürlich werden auch die Kinder irgendwann einmal Erwachsen und finden früher oder später heraus wie sowas eigentlich funktioniert und genau dann verstehen sie auch, dass sie angelogen wurden und sobald sie dies kapiert haben, wenden sie dieses Prinzip des „falschen Glaubens" selber an.
Mit diesem tollen Wissensvorsprung, den sie von ihren Eltern gelernt haben, können sie andere Menschen nun bewusst manipulieren. Eltern können also echt Stolz auf sich sein. Wird in deinem Umfeld also viel geschwindelt und beeinflusst, kannst du dich glücklich schätzen, da du ein Profi im Lügen werden könntest! Und wenn du das jüngste Kind bist, kannst du dir gleich die Lügen-Krone aufsetzen.
Aber wer würde sich schon bei seinem eigenen 18. Geburtstag über eine Baby-Born Puppe freuen? Und dann soll man in der Familie immer ehrlich und höflich sein. Da ist doch klar, dass man nicht ganz die Wahrheit sagt, wenn die glücklichen Großeltern einen aufregend nach der Meinung fragen. Aus Höflichkeit fangen wir dann an, denen klar zu machen, dass es das beste Geschenk überhaupt wäre und sie es genau getroffen hätten. Bei der Lüge wären selbst die eigenen Eltern einen nicht böse, wenn man es so hinstellt. Also warum nicht?
Okay, es kann ja sein, dass es wirklich ein paar in der Kindheit hängen gebliebene Menschen gibt, die sich WIRKLICH über sowas freuen würden, aber nehmen wir mal an, wir sind cool. Wir bestätigen einfach, dass das ein wirklich tolles Geschenk ist, mit dem Hintergedanken wie man es am besten wieder losbekommen könnte. Aber wieso hoffen die meisten für den nächsten Geburtstag dann, dass sie sowas nicht nochmals bekommen? Ich mein, ihr habt euren Großeltern ja schließlich klar gemacht, dass es das Beste Geschenk wäre. Da könnt ihr dann nicht erwarten, dass sie sich für den nächsten Geburtstag nach einem Laptop umschauen.
Nach der Psychologin Jeannette Schmidt ist Lügen die Kommunikation einer subjektiven Unwahrheit mit dem Ziel, im Gegenüber einen falschen Eindruck hervorzurufen oder aufrechtzuerhalten. Dafür muss sich der Gegenüber allerdings täuschen lassen und was der Lügner im Augenblick der Äußerung für wahr hält, ist dabei entscheidend. Dazu lügt rein statisch gesehen jeder von uns mindestens eineinhalbmal. Jeden Tag.
Moralisch gesehen ist das eine ziemlich abstoßende Zahl. Allerdings können sich die Lügner unter uns jetzt glücklich schätzen, denn es kann durchaus gerechtfertigt sein zu lügen. Zum Beispiel dem Lehrer zu sagen, dass man beim Treffen die Hausaufgaben zusammen gemacht hat, damit der eine, dessen Hausaufgaben natürlich vom Hund gegessen wurden, vor einer Strafarbeit geschützt wird. Oder einen von Polizisten Verfolgten zu verstecken, damit er in Ruhe seine geklaute Pizza essen kann. Denn wer isst nicht gerne Pizza?
Aber wenn man sich zwischen einer Geburtstagsparty in einer Bar und der Arbeit entscheiden müsste, wählen die meisten lieber die Party und sagen dann zum Arbeitgeber, es würde einen nicht so gut gehen. Dann aber muss man sich eine verdammt gute Ausrede – also eine weitere Lüge – ausdenken, wenn plötzlich der Chef neben dir an der Bar mit „Prost! Du bist gefeuert!" anstößt. Jetzt musst du dich entscheiden: Erfindest du eine Geschichte und lügst damit direkt oder antwortest du mit einer Gegenfrage und lügst somit indirekt?
Obwohl ich mir selbst wahrscheinlich eine verdammt gute Ausrede überlegen müsste, rate ich dir, die Wahrheit zu sagen.
Jaaa, ich weiß, du wärst dann gefeuert, aber hey, du kannst dann wann du willst feiern gehen, ohne, dass du dir jemals wieder irgendeine Ausrede ausdenken müsstet. Ist doch toll, oder nicht? Aber wenn du dich wirklich ernsthaft fürs Lügen entscheiden willst, dann würde ich dir die indirekte Lüge raten. Die ist nicht ganz so auffällig und schwerwiegend wie die direkte Lüge. 63 % lügen direkt und wundern sich dann, wieso ihnen nicht mehr vertraut wird, wenn es hochkommt.
Bei der indirekten Lüge antwortest du einfach mit Gegenfragen, so dumm sie auch klingen mag. Sie funktioniert, auch wenn sie scheinbar keine Aussage erhält, erweckt sie den Eindruck, dass dir etwas unterstellt wird, mit dem er dir unrecht tut. Untertreib einfach ein bisschen wie zum Beispiel, dass du nur kurz vorbeischaust und auch gleich wieder gehst, weil du ja krank bist. Okay, heute solltest du sowas vielleicht generell wegen den ganzen Corona-Maßnahmen einfach lassen. Du wirst dann nicht nur gefeuert, du kannst dann auch direkt bisschen Strafe zahlen und zwei Wochen lang in die tolle Quarantäne gehen. Dann kannst du gar nicht mehr feiern gehen. Aber wenn du ihm vielleicht aus einem ganz anderen Grund versuchst zu erklären, weshalb du auf der Arbeit deswegen abgesagt hast, ist das ganze vielleicht nicht so schlimm.
Aber sind wir doch mal ehrlich, wer hat sowas noch nicht gemacht? Wir lügen um höflich zu bleiben, um kein Stress zu bekommen, um keine Diskussionen anzufangen und damit wir bei strömenden Regen nicht mit dem Hund rausgehen müssen. Eine Welt ohne Lügen geht gar nicht. Stellt euch mal vor, wir alle könnten nur die Wahrheit sagen. Entweder wären die Menschen viel schweigsamer oder es würde mehr Kriege geben. Also versuchen wir uns doch in der goldenen Mitte zu treffen. Wir lügen nur dann, wenn wir uns oder jemand anderen aus Höflichkeit schützen möchten oder vielleicht gerade selbst kurz vor dem Tod stehen.
So unnötige Lügen wie „Ja, Hausaufgaben sind gemacht" oder „Zimmer habe ich aufgeräumt" oder „Omas selbsterfundener Kuchen ist total lecker" bringen uns doch selbst nicht weiter. Eigentlich belügen wir uns damit ja auch immer ein Stück selbst. Je mehr das wird, desto schwieriger wird es später zwischen Lüge und Wahrheit zu unterscheiden, also bleiben wir doch nur beim nötigsten. Denn ohne geht ja nicht. Oder würdest du von dir aus behaupten, dass du noch nie gelogen hast?

 
2 Kommentar(e)
  1. Laura Benk
    21. November 2022

    Hi Fine, cooler Text! Lügen ist ein sehr spannendes Thema. Ich mag, wie du hier den Leser oder die Leserin direkt mit ,,du" ansprichst. Das ist sehr toll gemacht. Generell gefällt mir der Stil sehr gut. Schön geschrieben! Viele Grüße Laura
  2. Lea Kutterolf
    22. November 2022

    Du hast definitiv recht, solche Lügen sind schon echt tief in uns verankert und sie tuen uns wirklich nicht gut. Wir sollen alle mal wieder mehr bei der Wahrheit bleiben! Ich finde dein Text wirklich gut geschrieben, es ist wirklich spannend zu lesen! LG Lea

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